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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 164
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einer anderen Stelle, wo die weißen Kristalle an der Oberfläche erhalten
geblieben und sichtbar waren, ergab die Prüfung mit Salzsäure, daß es sich
tatsächlich um Kalkspat handelte.

Wie aber konnte bewiesen werden, daß dieser Kalkspat vom Badberg
stammte? Vergeblich wurde die ganze Oberfläche des Gefäßes nach einem
schwarzen Magneteisenkörnchen abgesucht. Da stand nur noch ein Weg offen:
aus dem Boden des Gefäßes, an einer Stelle also, an der ein entstellender
Eingriff am wenigsten schadete, ein daumennagelgroßes Stück herauszubrechen
, es in der Reibeschale zu grobem Pulver zu zerdrücken und darin
nach einem Magneteisen- oder Koppitkristall zu fahnden. Das aber war wieder
deswegen schwierig, weil der Ton fast schwarz war und sich in seinem
Pulver die dunklen Körner nur schwer oder vielleicht gar nicht erkennen
ließen. Zwar hätte man Magneteisenkörner mit dem Magneten herausziehen
können, anderer Mineralien aber wäre man auf diese Weise doch nicht habhaft
geworden. Da verfiel ich auf Bromoform. „Bromoform", so steht im
Meyer, „ist eine farblose Flüssigkeit, riecht chloroformartig, siedet bei 131°,
wird als Beruhigungsmittel bei Geisteskrankheiten, Asthma und Keuchhusten
benutzt". Für mich aber war jetzt nur das eine wichtig, was im Meyer nicht
steht, daß das Bromoform das spezifische Gewicht 2,86 hat. Dies bedeutet, daß
in dieser schweren Flüssigkeit Mineralkörper vom spezifischen Gewicht 2,87
und mehr untersinken, solche von geringerem spezifischen Gewicht aber
schwimmen. Nun haben — glücklicherweise darf man sagen — alle Mineralien,
auf die es mir hier ankam, höhere spezifische Gewichte als 2,87: der Magnetit
etwa 5, der Magnoferrit 4,65, der Koppit 4,5, während der Ton es nur auf 2,2,
der Kalkspat nur auf 2,7 bringt. Es war also leicht möglich, die Spreu vom
Weizen zu sondern.

Das Pulver des Scherbens wurde in einen Scheidetrichter gegeben, der
unten einen Hahn und oben einen Stöpsel hat, dann Bromoform zugegossen
und kräftig geschüttelt. Als er danach ruhig in seinem Gestellt stand, sah man
die große Masse des dunklen Pulvers langsam in der Flüssigkeit nach oben
steigen, aber auch eine Anzahl kleiner Körnchen hinabsinken. Nachdem das
Bromoform sich in der Mitte geklärt hatte, wurde der Hahn geöffnet und
das unterste Material in ein kleines Filter abgelassen. Mit ein wenig Äther
wurde das an den Körnern haftende ölige Bromoform abgewaschen. Das ganze
Laboratorium war mit dem starken süßlichen Geruch erfüllt. Das tat vielleicht
ganz gut, denn es war schon etwas aufregend, zu wissen, daß ein winziges
Häufchen Sandes eine wichtige Frage entscheiden würde. Unter dem
Mikroskop entwirrte es sich zu einem Gemenge aus undurchsichtigen, blauschwarzen
Magnetit- und Magnoferritkörnern, glänzenden braunen Koppit-
kriställchen, schlanken hellgrünen Apatitsäulen und anderem, was in diesem
Zusammenhang unwesentlich ist. Auch dieses Gefäß war also mit Kalkspat
vom Badberg gemagert, ebenso wie noch andere Scherben, die in den Gräbern
Nr. 263 und 279 gefunden waren.

Daß durch 5 bis 6 Jahrhunderte hindurch eine einzige Werkstatt für die
Dörfer der Umgebung dieses Geschirr hergestellt habe, ist unwahrscheinlich.
Aber das ist gewiß, daß in dieser langen Zeit der Brauch, den Töpferton mit
einem sonst ungewöhnlichen Mineral zu magern, nicht abgerissen ist. Damit
ging aber auch zwangsläufig durch Jahrhunderte die Erhaltung einer besonderen
Art des Brennens einher, die urgeschichtlich anmutende Übung, das
Magergut durch künstliche Zerkleinerung bestimmt gewählter Rohstoffe zu

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