Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 169
(PDF, 44 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1957/0169
ohne jede Steinschnittverzierung ornamentaler oder figürlicher Art, er ist
nicht Bildträger eines profanen, mythologischen oder allegorischen Themas
— wie wiederum in der italienischen Steinschneidekunst der Zeit und in den
Werkstätten, die von dorther kommen. Das Ganze ist nicht mit anspruchsvollem
, artistischem Bilderschnitt geziert, sondern allein vom Material her
bestimmt. Die Flächen der Kristalle sind angeschliffen. So entstehen am
eigentlichen Kelch, oben bogenförmig geschlossen, zunächst senkrecht, dann in
leichter Kurve auslaufende Facetten. Am Deckel sind diese Facetten radial,
am Fuß rotierend angebracht. Das Werk wird als Ganzes im hohen Maße
seinem Zweck gerecht: kostbarer Pokal aus geschliffenem Kristall zu sein,
von vergoldeter Silberfassung gehalten und gerahmt.

Der Goldschmied vereint die Kristalle zum Pokal. Die Kristall-Halbkugel
ruht in einer vom gedrehten Rundstab umschlossenen Palmettenfassung. Dieser
Rundstab sitzt auf dem eigentlichen Fuß des Pokals. Er trägt ein graviertes
Strichmuster und Beschlag werk. 'Vom Rundstab aus umfassen den Kristall
drei gebogene, rotierende Stäbe, die halbe Drehung der Kristallfacettcn begleitend
. Zwischen die Kristallteile des Stiels sind wiederum Fassungen gefügt
, stets unterschiedlich und verschieden gebildet. Der Kristallkelch selbst
ist eingefaßt von drei Stäben, die aus dem Volutenkorb des Stieles hervorwachsen
und sich hermenartig in Putti, Fruchtkörbchen auf den Köpfen
tragend, verwandeln. Der Reif, in den die Stäbe münden, trägt einen gedrehten
Rundstab und einen Lippenrand mit graviertem Rankenornament. Der
Kristalldeckel ist abermals reich gefaßt, durchbohrt und durch starken Draht
mit dem Kristallknauf verbunden. Auf diesen Knauf ist eine silberne Rundscheibe
aufgelötet, die Wappen, Buchstaben und eine Jahreszahl trägt. Das
Wappen ist das der von Schwarzburg-Rudolstadt, die Buchstaben DSFZS sind
aufzulösen in: Dorothea Susanna Fräulein zu Schwarzburg, und die Jahreszahl
heißt 1622. Dieser Pokal ist also 1622 in den Besitz des thüringischen
Adels gekommen5. Die Jahreszahl beweist noch nicht, daß er erst 1622 entstanden
ist. Die Beschaumarke, ein nach links gewandter Rabenkopf, besagt
aber, daß er in Freiburg gefertigt worden ist. Daneben steht das Meisterzeichen
B.

Feststeht also, daß die Kristalle von einem Freiburger Goldschmied zum
Pokal montiert wurden, um oder vor 1622. Beachtet man die Reihe der Freiburger
Beschauzeichen, die im 16. Jahrhundert einen nach links und im 17.
einen meist nach rechts gerichteten Rabenkopf zeigen, dann mag darin ein
äußerer Hinweis (kein Beweis) für die Entstehung des Pokals vielleicht um
1600 liegen. Die Meistermarke aber wird noch öfters zu nennen sein.

Der Kristallpokal im Württembergischen Landesmuseum (Abb. 2)° trägt
gleichfalls die Freiburger Beschaumarke noch des 16. Jahrhunderts7. Die Fassung
hat ein Goldschmied geschaffen, dessen Monogramm der sehr verdrückten
Meistermarke nicht zu entnehmen ist8. Der Aufbau beider Pokale und ihre

5 Für Nachforschungen in Rudolstadt danke ich sehr Frl. Dr. Isolde E. Schröder. In den Inventaren der
Heidecksburg ist der Pokal nicht aufgenommen. Hausinventare des 17. Jahrhunderts fassen die Gegenstände
in Gruppen zusammen und lassen daher einzelnes nicht erkennen. Im Verzeichnis des Jahres 1647
findet sich ..ein hoher, geschnittener Kelch" und in einer Taxation des Silbergeschirrs von 1729 „ein
geschnitten Trink-Glafi mit einem silber vergüldeten Fufi". Mit diesen Bezeichnungen ist unser Werk
sicher nicht gemeint. Beziehungen des Freifräuleins Dorothea Susanna (1587—1662), Tochter
Alberts VII., Grafen von Schwarzburg, und Julianes, Gräfin von Nassau-Dillenburg, zu Freiburg sind
nicht festzustellen.

6 R3 2125.

7 R3 2108.

6 Das bei R3 2125 wiedergegebene Meisterzeichen entspricht nicht dem Erkennbaren.

169


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1957/0169