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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 191
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1957/0191
der Schatzkammer zu bilden. Bei den schönsten Freiburger Kristallwerken
drängt sich immer wieder der Eindruck einer gemeinsamen Arbeit von Goldschmied
und Steinbearbeiter auf, die in enger Fühlungnahme stehen — sie
beginnt vielleicht schon beim Entwurf.

Der Schliff der Kristalle des Kreuzes bringt abermals Besonderheiten,
denen wir bisher nicht begegnet sind. Die Einzelteile der Kreuzbalken und
Kreuzenden sind beiderseitig in diagonalen Streifen geschliffen, aber auf der
Rückseite in entgegengesetzter Richtung der Vorderseite. Dies ergibt, kompliziert
noch durch den schrägen Schliff der Kanten, im Spiel des Lichts ein
unendlich reiches, stets wechselndes Kristallmuster, das gitterartig verspannt
erscheint. In diesem Werk wird mit den alten Mitteln reiner Facettierung
der Kristall zum Ornament — und fast schon zur Dekoration.

Eine zweite Gruppe von Kreuz und Leuchtern im Freiburger Münster sei
neben die erste gestellt (Abb. 18). Ein emailliertes Wappenschild auf Kreuz
und Leuchtern erschließt den Stifter: Jakob Fugger von Kirchberg-Weißenhorn
(1604—1626 Bischof von Konstanz). Unter dem Wappen ist die Jahreszahl
1617. Die Kristalle wurden aber nicht in Freiburg montiert. Denn das
Beschauzeichen, ein Pinienzapfen, und das Meisterzeichen HP137 erweisen die
Gruppe als Arbeit eines bisher nicht festgestellten Augsburger Goldschmieds.

Ein solches Werk entsteht in Zusammenarbeit von Goldschmied und Steinbearbeiter
. Rein theoretisch könnte man sich vorstellen, daß die Freiburger
„Fabrik" dem Augsburger Goldschmied auftragsgemäß die geschliffenen
Steine schickt. Bei der überaus großen Produktion der Freiburger und Wald-
kircher Schleifereien wird dieser Weg der allgemeine gewesen sein, und so
muß immer wieder damit gerechnet werden, Freiburger Kristall in Montierungen
fremder Städte zu begegnen. Wie es die bisherigen Beispiele bewiesen
, wird er vor allem in den vielteilig zusammengesetzten Werken —
Pokalen, Leuchtern und Kreuzen — zu suchen sein.

Im Deutschordensschloß Freudenthal bei Troppau befand sich ebenfalls
ein Leuchterpaar aus Kristall mit vergoldeter Silbermontierimg, das Freiburger
Beschauzeichen und eine Meistermarke trug. Doch die Meistermarke
ist unbekannt, die Leuchter sind verschollen08. Aber im Freiburger Münster
und in dessen Schatz steht noch eine ganze Reihe von Leuchtern und Kreuzen,
teils noch aus dem 17. Jahrhundert, teils aus späterer Zeit.

Die Kristallfüße vier zusammengehöriger Leuchter sind genau in der Art
breiterer Streifen mit Mittelkanten und schmaler, vertiefter Streifen geschliffen
, die dem ersten Leuchterpaar eigen ist. Aber die Facetten sind
geschraubt. Die Kugelteile sind ausgesprochene Vergrößerungen jenes Paars
des Meisters B, das unser Ausgangspunkt für die Freiburger Leuchter war.
Die ovalen Kristalle sind über und über in konvexen Quadraten mit diagonal
geschliffenen Kanten besetzt. Diese besondere Schlifftechnik, die den Kristallkörper
noch weiter geometrisiert, als er seinem Wesen nach schon geometrisch
ist, die seine Oberfläche mit einem reinen geometrischen Muster besetzt, wird

wie sich jetzt die Beispiele mehren - - zu einem gewissen Kriterium der

~ Vom gleichen Augsburger Goldschmied ein ovales silbernes, teilvergoldetes Tablett im Münsterschatz.

8 Herrn Prof. E. W. Braun wird diese Mitteilung verdankt. Prof. Braun sah diese Kristalleuchter mit
Freiburger Beschau und einer Meistermarke, ungefähr um 1650, vor einem Viertel Jahrhundert im
Museum des Deutschen Ordens, vom damaligen Hochmeister Erzherzog Eugen in Schloß Freudenthal
bei Troppau eingerichtet. 1939 waren die Gegenstände verschwunden. Die Hoffnung, sie wären bei
Übernahme des Deutschordensbesitzes durch die tschechoslowakische Staatsverwaltung wiederaufgetaucht
, hat sidi nicht erfüllt. Nachforschungen der Direktion des Troppauer Museums und des Unterrichtsministeriums
in Prag blieben erfolglos.

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