Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 220
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Kargheit der üblichen Handpuppentexte haben, über die überhaupt nur die
Aufführung hinaushilft, so sind doch auch sie großenteils eben Spielgrundlage
- und von Literatur zu sprechen, wäre hier verfehlt. Es geht nicht an, liebenswürdige
kleine Verzauberungen, an denen Puppenführung und -physiognomie,
Dekoration und Kostüme bedeutenden Anteil besitzen, allzu gewichtig zu
nehmen. Trotzdem ist es möglich, einige ihrer wesentlichsten Eigenheiten
nochmals in die Erinnerung zurückzurufen — selbst auf die Gefahr hin, daß
der Leser, der die Aufführungen Schücks nicht sah, kein volles und rundes
Bild bekommt.

Die Welt der Poccischen Stücke war ein groteskes, Romantik und Realismus
kühn vermischendes Ineinander von Exotik und Maßkrug, Geisterspuk
und Kleinstadtpfiffigkeit, Märchen und aktueller Parodie gewesen — und hier
hat Schück weitergearbeitet. Schon „Kasperl auf Hamsterfahrt" (1919) kennt
diese liebenswerte, nie scharfe Art aktuellen Spottes, der immer in eine feste
Grundlage von Gemütlichkeit eingebettet bleibt. Der Freiburger Mooswald,
den Kasperl als von Opfingen kommender Hamsterer ängstlich um die Mitternachtsstunde
durchquert, wird zum Schauplatz einer Gespensterrevolution,
in der die Monarchie des Mooswaldkönigs nach dem Bericht eines vertrauten
Geistes durch die unzufrieden-käsbleichen Rieselgeister bedroht ist: „Es isch
e ganze Clique Geischter, wo mit Ihne nit mehr zufriede isch, und die habe
neulig beim Mundehof ganz heimlig e Versammlung abg'halte, wo allerhand
gschproche worde isch über Ihre Majeschtät.. . e Präsident däts au und der dät
au nit so viel koschte . . ." Zwischen grünen Wurzelknollen erklingt da eine
Parodie auf Hermann Burtes „Simson" (1917), wenn die Geister singen:
„Kommt, Kameraden, laßt uns schweben . . . Wir die Rieselfeld-gebor'nen /
Zu dem nächtigen Spuk Erkorenen". Kasperl muß all das erleben, sich mit
dem gräßlichen Zirbelegix herumschlagen, dem Geist des „berühmten Räuberhauptmanns
, dessen Taten in einem Schundroman von 40 Lieferungen erschienen
", mit dem unselig umgehenden Kriegsgewinnler kämpfen — und
kommt dann doch gut davon. Aber wenn so auch hier noch der altherkömmliche
Handlungs-Grundriß des traditionellen Llandpuppenstücks beibehalten ist
in dem Kasperl verschiedenste menschliche und geisterhafte Gegner besteht,
so wird doch schon in diesem frühen Dramolett Schücks deutlich, wieviel
wichtiger als die eigentliche Handlung schon hier andere Dinge sind. Mehr
als bei Pocci, bei dem derlei allerdings bereits angedeutet ist, werden vor
allem die späteren Schückschen Kasperldramen von dem beherrscht, was man
die Atmosphäre des Absurd-Phantastischen im Alltäglichen, des Unheimlichen
vermischt mit dem Heimlichen nennen kann, und ebenso von der Atmosphäre
der Kleinleute- und Bürgermenschlichkeit Freiburgerischer Observanz. Beider
Träger aber wird nicht so sehr das Geschehen, das immer mehr in den Hintergrund
tritt, sondern das Wort der langausgedehnten Monolog- und Dialogszene
. Daß dergleichen in Kindervorstellungen gekürzt wurde, versteht sich
von selbst; jedoch sind Schück seine Aufführungen vor einem erwachsenen
Publikum immer wichtiger geworden: immer mehr wurde so der alte Kasperl
der Messen und Märkte auf das Niveau gehoben, das bis dahin nur der
Marionette zuzukommen schien.

Mehr als die Handlung in „Kasperl im Orient" (1924) - - in dem Kasperl
Larifari den guten, von seinem bösen Großwesir vergifteten Sultan errettet,
vom Wesir in den roten Turm geworfen wird, dort aber Aladins Wunderlampe
findet und durch ihren dienstbaren Geist alles zum besten wenden kann -

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