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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0014
schaft mit dem Stadtsiegel IV hinzudeuten. Daß die Dinge aber hier trotzdem
nicht so einfach liegen, hat Geiges bereits in einem späteren Aufsatz zum Ausdruck
gebracht. Wir können ihm hier zunächst weitgehend folgen: „Einer
Zusammenstellung von dreitürmiger Burg und heraldischer Linie begegnen
wir verschiedentlich auf französischen Denkmalen des 13. Jahrhunderts. Ich
nenne nur den unter Ludwig dem Heiligen entstandenen Bodenbelag in der
Kirche zu St. Denis, das in der Mitte des 13. Jahrhunderts gefertigte zur Aufnahme
der von Ludwig aus dem Kreuzzug heimgebrachten heiligen Erde
bestimmte tragbare Reliquiar, die Musterung eines Medaillonfensters der
St. Chapelle zu Paris sowie die Bordüren von Fenstern der Kathedralen von
Lyon und Rouen. Und zu einer dienlich erscheinenden Deutung könnte vielleicht
das Rücksiegel des Grafen Robert I. von Artois, das die von drei-
türmigen Burgen umrahmte königliche Lilie zeigt, in Hinsicht darauf verführen
, daß er von seinem Vater Ludwig VIII. testamentarisch fünf Städte als
Apanage zugeteilt erhalten hatte. Aber in all diesen Fällen liegt eben nur eine
Verbindung des väterlichen Wappenbildes mit demjenigen seiner Mutter
Blanka von Kastilien vor, die zehn Jahre lang die Vormundschaft des heiligen
Ludwig führte39. Dementsprechend hatte Robert von Artois auch die Lätze
des von jüngeren Mitgliedern des Königshauses geführten Turnierkragens
mit der kastilianischen Burg belegt. Die Übernahme des gleichen Motivs ist
mir jedoch nicht nur als Bordüre eines englischen Fensters zu Merton-College
nachweisbar geworden, sondern sie findet sich in gleicher Verwendung auch
auf einem Chorfenster zu Niederhaßlach im Elsaß, wobei doch, aller Wahrscheinlichkeit
nach, nur eine reine ornamental erfaßte Entlehnung vorliegt."40
Der von Geiges zuletzt ausgesprochenen Vermutung können wir nur zustimmen
. Es handelt sich bei der Kombination von Burg und stilisierter Lilie
in der Tat im allgemeinen um ein ornamentales Motiv. Erstaunlicherweise ist
allerdings Geiges ein Beispiel in der Nachbarschaft entgangen, das mit Freiburg
doch sicher in engster Beziehung steht. Im Tympanon des Straßburger
Westportals findet sich dieses Motiv nämlich am Sarge des auferstehenden
Christus in künstlerisch hervorragender Form (Abb. 8)41. Wir müssen hier die
nationalen Auseinandersetzungen, die nach dem ersten Weltkrieg zwischen
deutschen und französischen Wissenschaftlern über diese Plastik entstanden
sind, übergehen"12. Ebensowenig können uns die allegorischen Auslegungen,
die sich an dieses Werk sicher nicht zu Unrecht knüpfen, hier interessieren
. Dagegen müssen wir darauf verweisen, daß sich dieses Schmuckmotiv
offenbar so schnell verbreitet hat, weil es als Webmuster für Stoffe sehr beliebt
gewesen ist. Es erscheint schon auf einer Fahne der Grafen von Poitiers im
Jahre 1242, die in einer Handschrift der Pariser Nationalbibliothek abgebildet

30 Dieser Tatbestand war sogar im 14. Jahrh. noch nickt vergessen. Vgl. Mathias von Neuenburg
, Chronik hg. A. Hofmeister, MGSS Nova Series, IV, 3.12 f.: „De matre Caroli (Karl
von Anjou). Erat autem mater Karoli filia regis Castelli, cuius arma sunt castra, regni Francie lylia.
De quo Karolo antequam mater eius regi Francie nuberet, prophetizatum est hec verba: Castra
floribus coniungentur, et ex equa equus generabitur generosus, qui pugnabat contra pullos aquilarum
et prevalebit eis."

40 Geiges, Der mittelalterliche Fensterschmuck des Freiburger Münsters a. a. O. S. 75.

41 O. Schmitt, Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters, Freiburg 1925, Tafel 162 (nach 1276). —
Über die Frage, ob dem Straßburger Werk der zeitliche Vorrang vor dem Freiburger zusteht, müssen
die Kunsthistoriker urteilen. Herr Professor Dr. N o a c k macht mich darauf aufmerksam, daß hier
neue Untersuchungen im Gange sind, die vielleicht entscheidende Verschiebungen in den bisherigen
zeitlichen Ansätzen ergeben könnten. Für das folgende ist aber diese zeitliche Einordnung nicht von
entscheidender Bedeutung.

42 A. Schulte, Frankreich und das linke Rheinufer, Stuttgart-Berlin 1918, S. 77 ff. Wie unsere Ausführungen
zeigen, ging die Polemik an der wahren Sachlage erheblich vorbei. Vgl. unten Anm. 45.

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