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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0025
daß die Münzprägung zunächst in der Karolingerzeit fast allein in die Hand
des Kaisers zurückgekehrt war. Aber bereits im 10. Jahrhundert sind genügend
Nachrichten vorhanden, die zeigen, daß dieses Recht von geistlichen nnd
weltlichen Fürsten erworben oder usurpiert wurde. Damals beginnt auch das
Lilienzeichen zunächst auf königlichen und später auch auf anderen Münzen
zu erscheinen. Die Deutung dieses Zeichens hat nun deshalb Schwierigkeiten
gemacht, weil es sich bei den letzteren häufig um Münzen von solchen Bistümern
handelt, deren Kathedralkirchen der Jungfrau Maria geweiht waren.
Es ist daher noch umstritten, ob das Lilienzeichen hier als religiöses oder als
weitliches Symbol aufzufassen ist (Abb. 14)84. Wir können hier diesem Pro-

84 Wenn von älteren Ornamenten abgesehen wird, die sich, in ihrer Gestaltung der Lilie nähern, dann
bietet eine Straßbürger Münze königlicher Prägung aus der Zeit des Bischofs Uto (950—965) das
früheste Beispiel von Lilienornamentik auf deutschen Münzen. (Dannenberg, Die deutschen
Münzen der fränkischen und sächsischen Kaiserzeit a. a. O. Bd. I, S. 349, Nr. 910, Taf. 40, Nr. 910:
J. Cahn, Münz- und Geldgeschichte der Stadt Strafiburg, Diss. pb.il. ebd. 1895, S. 57.) Auf diesem
Stück ist ein Kirehengebäude dargestellt, das an Stelle des üblichen Kreuzes mit einem Lilienornament
verziert ist. Ein Kreuz auf der Rückseite ist ebenfalls an allen vier Enden mit Lilienornamenten
geschmückt. Da vorhergehende Münzen aus der gleichen Zeit zwar keine derartigen Ornamente
enthalten, dafür aber mit ihrer Umschrift „S. Maria" ausdrücklich auf das Patrozinium der
Straßburger Kathedrale Bezug nehmen, wird das Erscheinen von Lilien wahrscheinlich mit Recht in
Beziehung zur Münsterpatronin gesetzt. Ein Kirchengebäude mit einem Lilienornament kommt fast
gleichzeitig auch auf einer burgundischen Königsmünze König Konrads in Basel vor. (H. Meyer,
Die Brakteaten der Schweiz, Zürich 1845, S. 43, Taf. 2, Nr. 98.) In Strafiburg erscheint dann die Lilie
allein in einer allerdings höchst merkwürdigen Form auf königlichen Prägungen Ottos III. (D a n -
n e n b e r g , Die deutschen Münzen der fränkischen und sächsischen Kaiserzeit a. a. O., Bd. I, S. 549,
Nr. 913, Taf. 40, Nr. 915.) In mehr oder weniger deutlicher Form und an mehr oder weniger entscheidender
Stelle bleibt das Symbol dann weiter auf königlichen und bischöflichen Strafiburger
Münzen bis in die Zeit Heinrichs III. in Verwendung (ebd. S. 350 ff.). Da aber, wie wir gleich sehen
werden, die Liliensymbolik in der Zeit der Ottonen auch die Krone und den Stab der Könige erfaßt,
seheinen auch hier Verbindungen zu bestehen, zumal auch Strafiburger Münzen aus der Zeit Heinrichs
II. lilienverzierte Kronen in sehr eindrucksvoller Form zeigen (ebd. S. 950, Nr. 915, Tat. 40,
Nr. 915, S. 557, Nr. 944, Taf. 41, Nr. 944), und die Inschrift Otto Rex paeificus auf einem Stück aus
der Zeit Ottos f. in die gleiche Richtung führt (ebd. S. 354, Nr. 929, Taf. 41, Nr. 929). Ob die erst seit
1554 aus der städtischen Münze hervorgegangenen Lilienpfennige, die sich dann so großer Beliebtheit
erfreuten, an diese ältere Tradition anknüpfen, ist umstritten (s. u. S. 38 ff.). — G. Braun v. Stumm
führt als Belege für seine Beweisführung, welche die französische Königslilie als Zeichen der Verehrung
der Gottesmutter durch die Herrscher nachweisen will, französische Münzen des ebenfalls der
Jungfrau Maria geweihten Erzbistums Reims aus der Zeit der Erzbischöfe Gervais (1055—1067) und
Renauld I. (1085—1086) an. (L'origine de la fleur de Iis a. a. O., S. 47.) Hier wird das damals als
Münzbild sehr beliebte Kreuz in den Winkeln von ein oder zwei Lilien und von zwei kleinen Kreisen
begleitet. (A. Dieudonne, Manuel de numismatique francaise, Tom. 4, Paris 1956, S. 142 f.,
Tai. 82.) Auf Stücken des letzteren Erzbischofs wird dieses Kreuz von der Umschrift S. Maria umgeben
. Aus der Tatsache, daß Münzen der Könige Ludwig VI. (1108—1157) und Ludwig VII. (1137 bis
1180) dieses Motiv allerdings ohne die Umschrift übernehmen, folgert Braun von Stumm, daß
es sich auch hier um ein religiöses Mariensymbol handeln müsse (ebd. S. 47; L. Ciani, Les mon-
naies royales francaises, 1926, S. 27, fig. 105, 106; S. 52, fig. 157). Dazu ist folgendes zu bemerken:
Erstens wird auf den Münzen dieser Zeit mit Kreuzen durchaus nicht nur auf die religiöse Sinngebung
verwiesen. Ebenso häufig wird durch Um- oder Inschriften bei dem Kreuz auch auf den Kaiser
oder König, auf weltliche oder geistliche Münzherren und auf Münzstätten Bezug genommen.
(D a n n e n b e r g , Die deutschen Münzen der fränkischen und sächsischen Kaiserzeit a. a. O., Bd. I,
S. 16.) Weiter haben die französischen Könige auch schon vor der Prägung der Reimser Münzen ihre
Kronen und Szepter mit „fleurons" verziert, wie die Siegel eindeutig beweisen. Dabei knüpften sie
offenbar an die bereits unter Karl dem Kahlen beginnende Tradition an. So übernimmt das Siegel
des Königs Lothar (954—986) solche Verzierungen für Krone und Stab. Noch deutlicher erkennbar
werden diese Ornamente bei den nachfolgenden Capetingern Hugo, Robert und Heinrich I. (Roman
. Manuel de sigiIlogral'ie francaise a. a. O., S. 75; G. Demay, Le costume au moyen äge
d'apres les sceaux, Paris 1880, S. 197.) B r a u n von St u m m deutet dieses Vorkommen u. Ii. nicht
richtig. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dafi hier die Anfänge des französischen Lilienwappens
liegen. Endlich muß darauf verwiesen werden, dafi Kreuze mit Lilien in den Winkeln in
Deutschland früher erscheinen als in Frankreich. Der erste uns bekannt gewordene Beleg ist eine
königliche Prägung Ottos III. aus Mainz. (Dannenberg, Die deutschen Münzen der fränkischen
und sächsischen Kaiserzeit a. a. O., Bd. II, S. 653, Nr. 1625, Taf. 80, Nr. 1625.) Weitere Beispiele bieten
königliche Münzen nach Kölner Schlag aus der Zeit Konrads IL, die W. Hävernick wenigstens
/.. T. nach Duisburg legen möchte, und Andernacher Prägungen des Herzogs Theoderich von Lothringen
(984—1024). (Vgl. ebd. Bd. I. S. 259, Nr. 560. 364, Taf. 16, Nr. 360. 364; Bd. II, S. 589, Nr. 1525.
Taf. 71. Nr. 1523: Bd. I. S. 181, Nr. 443, Taf. 19, Nr. 445; vgl. W. Hävernick,' Die Münzen von
Köln. Die Münzen und Medaillen von Köln. Bd. I. ebd. 1955. S. 67, Nr. 269. 270. S. 68. Nr. 272. 275.
274. 276 [Minden], S. 72, Nr. 295, S. 73, Nr. 297, 300; vgl. auch H. J. Lückger, Die Münzen von
Köln, Nachträge und Berichtigungen zu Bd. I des Kölner Münzwerks, München 1939, S. 15, Nr. 55, 10.)
Es fragt sich, ob derartige Münzen den Reimser Erzbischöfen nicht als Vorbild gedient haben könn-
H'ii. wie sich offenbar auch Lüttich, Rcmiremont und St. Omer daran gehalten haben. (D an n e n -
berg, Die deutschen Münzen der fränkischen und sächsischen Kaiserzeit a. a. 0., Bd. I. S. 118.
Nr. 210. Taf. 9, Nr. 210; Bd. II, S. 565. Nr. 1455, Taf. 66, Nr. 1455; Bd. II, S. 547, Nr. 1405, Taf. 62,
Nr. 1403.) Jedenfalls ergibt sich mindestens aus den Mainzer und Köln-Duisburger Prägungen, daß
hier eine Beziehung auf Maria nicht gesucht Werden darf, da Mainz dem hl. Martin. Köln dem hl.
Petrus lind die Duisburger Pfalzkapelle dem hl. Salvator geweiht waren.

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