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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0026
blem nicht bis in alle Einzelheiten nachgehen. Wenn aber z. B. auf einer
Münze der Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen die Gestalt des reitenden
Kaisers Heinrich VI. von einer deutlich erkennbaren stilisierten Lilie überragt
wird, so kann dies u. E. nur darauf zurückgeführt werden, daß entweder
die Stadt auf Grund kaiserlicher Privilegien besondere Rechte, wie z. B.
Marktrechte, besaß, oder, da derartige Urkunden nicht vorliegen, daß sie als
villa bzw. civitas imperialis charakterisiert werden sollte (Abb. 15)s5. In dieser
Ansicht werden wir bestärkt, weil es um diese Zeit genügend Belege für ähnliche
Verwendungen des Liliensymbols gibt. F.Rörig hat das Material schon zu
einem Teil gesammelt80. Er verweist z. B. auf die eindrucksvolle Darstellung
Heinrichs des Löwen auf Brakteraten von etwa 1170 (Abb. 16)87. Hier ist der
Herzog als Richter abgebildet. In der Linken hält er als Zeichen der strafenden
Gerichtsgewalt ein aufrechtstehendes Schwert, während die Rechte als Zeichen
der Friedens- und Banngewalt ein Lilienszepter trägt. Es ließen sich viele
Beispiele ähnlicher Abbildungen insbesondere von Fürsten dieser Zeit beibringen
. Sogar aus den Niederlanden, dem Osten und dem Norden liegen
diese vor88. Wegen der nahen Verwandtschaft mit den Problemen, die uns im
sndwestdeutschen Raum gleich begegnen werden, seien hier nur noch die
Siegel des Grafen Otto von Anhalt und des thüringischen Grafen Günther
von Kevernburg erwähnt (Abb. 17, 18)8i). Der erstere wird in einer Urkunde
König Rudolfs I. von 1290 als „capitaneus conservatorum pacis per Saxoniam"
bezeichnet und der letztere gehört laut urkundlichem Nachweis von 1325 zu
den „pacis conservatores" in Thüringen90. Es ist uicht zweifelhaft, daß die
stilisierten Lilien hier auf die damals vom König abzuleitenden friedensrichterlichen
Funktionen der Siegler hinweisen sollten. Endlich werden die
Dinge sehr gut durch die von dem „iudex provincialis" Giso von Gudersberg
benutzten Siegel beleuchtet. Hatte dieser schon bei der Amtsübernahme 1266
seinem Balkenschild den hessischen Löwen beigefügt, so wechselte er 1268/69
offenbar im Zusammenhang mit einer Änderung seines Titels in „iudex terrae

85 S c Ii ä f e r , Das Mainzer Rad und Konstantins Reichsstandarte a. a. O., S. 80, Tat. 9, Nr. 7.
80 R ö r i g , Reichssymbolik auf Gotland a. a. O.

st Ebd. S. 518, Taf. II, 2. — Ähnlich Brakteat Albrechts des Bären vgl. R. Gaettens, Otto I. nicht
Albrecht der Bär 1157—1170 Markgraf von Brandenburg, Deutsches Archiv, Jhg. 10, 1955, S. 95, Taf. II,
Nr. 17.

Belege für das Vorkommen von Lilienszepter bzw. stilisierten Lilien auf Münzen weltlicher und
geistlicher Fürsten enthalten u. a. Hävernick, Die Münzen von Köln a. a. O., S. 278 (Register),
W. H. Schwarz, Münz- und Geldgeschichle Zürichs im Mittelalter, Aarau 1940, S. 55; G. Hätz,
Die Anfänge des Münzwesens in Holstein, Numismatische Studien 5, Hamburg 1952, Taf. 4, Nr. 81,
Taf. 5, Nr. 89, 90; W. Hävernick, Die mittelalterlichen Münzfunde in Thüringen, Vcröff. d.
thür. hist. Komm. IV, Jena 1955, S. 222, Nr. 371, S. 355, Nr. 484, 487, 490, S. 291, Nr. 8, 9; ders., Das
ältere Münzwesen der Wetterau, V. d. hist. Komm. f. Hessen u. Waldeek XVIII, 1, Marburg 1956.
zahlreiche Beispiele, davon besonders interessant S. 39, Nr. 66, S. 96, Nr. 289, S. 108, Nr. 344; W.
[esse. Der wendische Münzverein. Q. u. Darst. z. hans. Geschichte VI, Lübeck 1928, S. 227, Nr. 77
bis 80, 85, 88, S. 228, Nr. 92, S. 229, Nr. 113, 114, S. 230, Nr. 130, 138, S. 231, Nr. 159—162;
W. Schwinkowski, Münz- und Geldgeschichte der Mark Meissen, Schriften d. sächsischen
Historischen Komm. 36, Teil I. Frankfurt 1931, hier zahllose Beispiele, besonders instruktiv S. 18,
Nr. 344: Da der hier dargestellte Markgraf bereits Schwert und Lehnsfahne in den Händen hält, ist
eine Lilie an Stelle des sonst von ihm gehaltenen Lilienstabes neben seinem rechten Bein angebracht.
88 Zahlreiche Belege bietet das Corpus sigillorum Neerlandicoruin a. a. O., dgl. für Schweden Brot
Emil Hildebrand, Svenska sigiller fran Medeltiden, Stockholm 1862, z. B. 1. Serie, Taf. 7,
Nr. 39: Beugt Birgerson, Herzog von Finnland 128S; ferner S e y 1 c r , Geschichte der Heraldik a. a. O..
Taf. 7, Abb. 1 a: Swantopolc, Herzog von Danzig 1226—1266. — Große Verwandtschaft mit den von
Kör ig. Reichssymbolik auf Gotland a.a.O., Taf. lb wiedergegebenen Stücke zeigt das Siegel des
Richters von Zierikzee von 1259, Corpus sigillorum Neerlandicoruma. a. O., PI. 106,
Nr. 633.

80 A. U. v. Erath, Codex diplomaticus Quedlinburgensis, Frankfurt 1764, Taf. XII, Nr. 2; vgl. dazu
Taf. XXIV, Nr. 6, Taf. XXVI, Nr. 9; S e y 1 e r , Geschichte der Heraldik a. a. O., S. 107, Abb. 54.

90 Böhmer-Redlich. Reg. Imp. VI, 1, Nr. 2341; U B Erfurter Stifter u. Klöster,
GQProvSachs. N. R. V, Bd. I, Magdeburg 1926, S. 565, Nr. 1012. H. Eberhard, Die Gerieh tsorga-
nisation der Landgrafen von Thüringen, ZRG, Germ. Abt. 75. Weimar 1958, S. 123 ff. Vgl. ferner
Nachtrag zu oo auf S. 41.

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