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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0058
modernen Druckverfahren vervielfältigt wird. Eine solche Illustration kann
auf einer eigenen Seite stehen, einer Textseite gegenüber, sie kann aber auch
- und das ist eine heute bevorzugte Weise der Anordnung —, auf mehr oder
weniger konventionelle oder auffallende Weise in den Satzspiegel der Textseite
einkomponiert werden.

Weiter: Was soll eine Illustration? Sie soll einen Text gewissermaßen
begleiten, ihn an wesentlichen, interessanten oder schwierigen Punkten erläutern
und anschaulich machen, ihn erklären und gleichzeitig schmückend überglänzen
. Handelt es sich dabei, wie in unserem Fall, um einen literarischen,
einen dichterischen Text, so ist diese Aufgabe der Illustration oft kompliziert
und schwierig und nur von den Erzeugnissen eines Künstlers zu leisten, dessen
bildnerische Potenz der dichterischen des zu illustrierenden Schriftstellers
im Idealfall entsprechen sollte. Doch ist damit nicht alles gesagt: Da Illustration
dem Leser durch Bildhaft-Sinnliches den Weg zum Inneren des Gelesenen,
zu den Vorstellungswelten und Gedanken des Textes erhellen soll, darf zunächst
dem Illustrator selbst der Weg zum Text nicht verbaut sein; daß der
Zeichner zunächst selbst einmal nach Bildung, geistiger Verwandtschaft, Einfühlungsvermögen
und Einfühlungswillen den Autor verstehen kann, ist also
unabdingbares Erfordernis. Ebenso wichtig ist aber auch, daß der Illustrator
dem Literaturwerk bereitwillig, ja dienend gegenübertritt, es als das Wichtigere
, Primäre anerkennt, das es nicht mit zeichnerischer Bravour und gewalttätiger
Ausdeutung temperamentvoll zu überspielen oder zu überschreien
gilt, sondern das einfühlend im Bilde nachgestaltet werden muß. Selbstverständlich
, daß ein gewisses künstlerisches Können hierbei als Grundlage vorhanden
sein muß; doch nützt anderseits das größte zeichnerische Können dem
Literaturwerk nichts und führt nicht zu einer guten Illustration, wenn die
Unterordnung unter die Absichten des Dichters und die demütige Haltung vor
seinem Werk fehlen. Denn wie könnte Illustration - ■ was sie doch soll ■
das Wesen, das Typische ihres Stoffes, eben der Inhalt des Textes, einfangen,
wie „Höhepunkte herausheben" (dies die Worte eines modernen Illustrators,
Max Kellerers4), wenn der Illustrator nicht imstande oder willens ist, den
Autor zu verstehen, — zu überheblich, um seiner Stimme zu lauschen? Illustration
ist — wieder nach einem Wort von Max Kellerer - - eine „Dienerin am
Wort"5, Kellerer will aus diesem Grunde auch abstrakte Formen, die oft
allzusehr Kunst um der Kunst willen treiben, bei der Illustration ausdrücklich
ausgeschlossen wissen. Freilich steht der Erfüllung solcher Forderungen oft
entgegen, daß der Illustrator - - wie der Dichter - - ebenfalls ein schaffender
Künstler und im Idealfall in seinem Metier dem Dichter ebenbürtig ist. Jede
Illustration soll ja bei aller Abhängigkeit vom Text im Motiv doch auch
immer „ein für sich selbständiges kleines Werk mit eigenen Gesetzen"6 der
bildmäßigen Komposition, der Technik etc. sein, - - ein Kunstwerk, das auf
die Fläche des Blattes projiziert, in die Welt der sichtbaren Gestalt, was sich
in den Satzabläufen des Textes in der Zeit und im unkontrollierbaren Bezirk
wechselnder Vorstellungen vollzieht. Der Möglichkeiten zu Fehlern sind hier
ebenso viele wie jener zu günstigen Verwirklichungen.

Dies alles kann der durchgängigen Meinung folgend gesagt werden, ohne
daß man sich dem Vorwurf der Einseitigkeit aussetzt. Schwankend wird das

i M. Kellerer, Gedanken über Bnchillustration. (Archiv f. Druck u. Papier 96 (1959] S. 355—368, S. 363.)

5 ebd. S. 563.

6 ebd. S. 358.

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