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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0084
gesicht. Der Gesiclitssclmitt der Alten ist der gleiche wie auf dem Brautbild

- man vergleiche die Mundpartie! —, nur ist das Gesicht diesmal von den
Runzeln und Falten des Greisentums gefurcht; im Gegensatz dazu ist das des
toten Bergmanns noch jugendlich straff und glatt. Die Sprache der Gesichter
wird in diesem Betracht unterstützt durch die altmodische Tracht der Frau.

- Man wird nach diesen wenigen Proben Buchser zugestehen müssen, daß er
Hebels schöne Erzählung mit seltener Treue wiedergegeben hat, ja, daß er
jene Hebelische Ausgewogenheit von Individualität und Typischem mit seinen
Mitteln ebenfalls erreicht hat.

Stellen wir Fritz Buchser einen anderen Flolzschnittkünstler gegenüber:
Die Illustrationen Johann August FI a g m a n n s 93 waren erstmals 1947
in einer Schatzkästlein-Ausgabe zu sehen. Hagmann übt eine in ihrer Art
recht gewandte Holzschnittechnik. Er umreißt grob, fast roh seine Figuren
und Dinge, liebt einen kräftigen Ausdruck und verzeichnet gewollt naiv die
menschlichen Proportionen. Seine Illustrationen setzen sich sehr deutlich von
den Buchserschen ab: Dort fast selbständige, durchdachte, modern geformte
Darstellung von Situationen und Augenblicken voll menschlich berührendem
Gehalt, — hier, fast nach Art mittelalterlicher Holzschnittillustration, Herausstellung
des Anekdotischen, des Gegenständlich-Pointenhaften. Spielten dort
über die Gesichter leise intonierte Gemütsbewegungen, so ist hier die Mimik
klotzig und vordergründig. Herrschte dort das große, die Selbständigkeit des
Blattes als Einzelkunstwerk betonende Format, so zeigt sich bei Hagmann
die Illustration im Format variabel, in ihrer Beziehung zum Satzbild des
Textes wohlausgewogen und zurückhaltend plaziert, selbst noch dort, wo fast
eine ganze Seite für sie zur Verfügung steht. Plagmann ordnet seine Schnitte
dem Text typographisch unter. In der Aussage bleibt er bei aller Härte und
Grobheit der Linie merkwürdig unbestimmt und läßt der Phantasie des Lesers
reichlich Raum; der Text kann so auch dem Inhalt nach den Vorrang behaupten
. In der kunstvoll-naiven Nüchternheit der Bildsprache Hagmanns scheint
eine gewisse Verwandtschaft zu manchen Eigenheiten im literarischen Stil
Hebels obzuwalten, eine Verwandtschaft in jenem Sinne, in dem gute hundert
Jahre früher die Illustrationen von Dambacher oder Schulz der volkstümlichen
Komponente der Kalendergeschichten Hebels entsprochen haben.

Im einzelnen: Die Geschichte von den beiden Wirten'14, die sich einen Zechpreller
gegenseitig zuschieben, ist gut interpretiert. Beide Wirte sind untersetzte
, behäbige Gestalten, ähnlich dem Vorstellungsbild, das man von einem
Wirt der guten alten Zeit hat. Der Gauner, zwischen den beiden stehend und
doch schon im Abgehen, ist neutral gegeben. - - wie Hagmann ja überhaupt
das Kostüm historisch nur schwach bestimmt, so daß bisweilen der Eindruck
von Zeitlosigkeit entsteht. Sehr anheimelnd die Enge der Gasse und die
Schilderei.

„Die drei Diebe", ein äußerst grobliniges Blatt, in dem Hagmanns Holzschnittechnik
vielleicht allzusehr auf die Formgebung eingewirkt hat95. Indessen
könnte man auch sagen, daß die unwahrscheinliche Schelmengeschichte
von dem gleichzeitigen Doppeldiebstahl paradoxerweise um so mehr an
Wahrscheinlichkeit gewinnt, je mehr sie durch grob-neutrale xylographische
Vorbringung in die Nähe des Märchens entrückt wird.

»3 Daten konnten aus den einschlägigen Handbüchern nicht ermittelt werden.

'■>± J. P. Hebel, Schatzkästlein des Rheinischen Hansfreundes, mit 64 Holzschnitt-Bildern von Josef August

Hagmann, Basel 1947. S. 8.
95 ebd. S. 55.

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