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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0085
Ein köstliches kleines Werkchen
ist jene Illustration, die eine einfache
Wirtsstnbe (Abb. 18) darstellt; sie
könnte das Szenarium für manche
Kalendergeschichte Hebels bilden96.
Zwei Männer auf schlichten, süddeutsch
gearbeiteten Stühlen an einem
ebenso rustikalen Tisch unter einer
Erdöl-Hängelampe, in einem sonst
kahlen Raum; im Hintergrund der
Wirt, stereotyp in Gehabe nnd Anzug
, eben eine weitere Runde ankreidend
. Die Tracht der beiden Zecher ist
eher bürgerlich als bäuerlich; die Kalendergeschichten
Hebels spielen ja
allermeist unter Bürgern.

Auch an ein nicht leicht zu behandelndes
Thema hat sich Hagmann gewagt
: An jenes aus den „drei Wünschen
", wo der Frau eine Wurst als
Schnurrbart anwächst. Ein Thema, das
von den Hebel-Illustratoren seltsamerweise
nicht gemieden wird, obwohl
es sich eigentlich nur zur Darstellung
im Wort, nicht im Bild eignet.
Hagmann spitzt seine Schilderung
dadurch zu. daß er nur das Gesicht
der Frau zeichnet, — ein grobes, vom
Kopftuch umrahmtes Bäuerinnengesicht
. Die harte, unreale Linie des Holzschnitts macht das Absurde tragbar.
Hier wie in vielen anderen berührten Punkten erinnert die Art Hagmanns
an die prägnante, naiv-überzeugte und überzeugende Schilderungsweise mittelalterlicher
Holzschnittillustrationen97.

Fügen wir noch einen dritten Holzschneider an: Eugen S p o r e r 9S, ein
Miinchener, 1920 geboren, Meisterschüler von Preetorius, hat 1955 Illustrationen
geschnitten zu einer Auswahlsammlung von Hebel-Geschichten; das
geschmackvolle, von Sporer auch typographisch gestaltete schmale Bändchen
zeigt zu einer kräftigen gotisierenden Type ebenso kräftige, wuchtig wirkende
Holz- oder Linolschnitte von kühler Präzision und staunenswerter
Prägnanz der Linie. Auf einem dieser Schnitte (Abb. 19) rasten der Zundel-
frieder und der ihn expedierende Stadtsoldat im Wirtshaus09. Die Figuren,
hart umgrenzt, von kantiger Körperlichkeit, in dekorativer Anordnung, agieren
vor leerem Hintergrund, nur von den nötigsten Requisiten umgeben. In
der Auffassung nähern sie sich der Karikatur oder haben - - trotz der Verschiedenheit
der bildnerischen Mittel - etwas Spitzwegisches. - - Auch der
Schnitt, der den Zollbeamten aus dem „Handschuhhändler" darstellt, ist nach

ö0 ebd. S. 85.
97 ebd. S. 23.

»8 Vgl. Vollmer Bd. 4, Leipzig 1958, S. 332.

99 J. P. Hebel, Rheiiifahrt mit J. P. Hebel, mit Holzschnitten von Eugen Sporer, München 1935, S. 29.

Dem geneigten Leser, der auf Recht und Gerechtigkeit
hält, wird man nicht sagen dürfen, daß der unbarmherzige
Mörder auch nimmer lebt, sondern er ging
heim und henkte sich noch in der nämlichen Nacht an
einen Pfosten.

Abb. 18 Johann August Hagmann:
Das letzte Wort.

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