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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0028
angeschnitten, aber es werden zu seiner Lösung liier die entscheidenden Wege
gezeigt; wo man in Radolfzell sich noch mühselig durch das Gestrüpp wand,
zeigt Freiburg die breite Straße, die in die Zukunft führt. Auch da ist nicht
das Radolfzeller Muster, sondern das Freiburger für die weitere Entwicklung
bestimmend; wenn auch sicher nicht in der Form, in der es sich der Herzog im
Jahr 1120 dachte. Die Befreiung der Bürger von herrschaftlicher Steuer ist ein
Grundprinzip, das aus früheren Rechten unverändert übernommen wurde:
während ich, ich muß es gestehen, mit der Befreiung vom teloneum, vom Zoll,
zunächst gar nichts anfangen kann, denn der Herzog hat selbstverständlich den
Warenzoll in der Stadt genommen, auch noch in späterer Zeit ist er eine sichere
herrschaftliche Einnahme. Schließlich liegen auch die ersten Ansätze zu einer
auf genossenschaftlichen Gedanken beruhenden Selbstverwaltung nicht im
Freiburger Recht, sondern schon in seinen Vorläufern; wenn es auch ein völliges
Novum ist, daß der Marktgründer, der Herzog, in die Hand eines kaufmännischen
Vertreters schwört, die erteilten Privilegien auch einzuhalten. Aber der
Reichenauer Abt verspricht 1075 nicht weniger verbindlich die Beachtung der
von ihm gegebenen Zusagen. Was neu ist in Freiburg, wenn es tatsächlich schon
zum ursprünglichen Text gehört, die Freiheit von der Einquartierung und das
Vorschlagsrecht für Stadtvogt und Pfarrer, ist von sekundärer, nicht von grundsätzlicher
Bedeutung.

Es wäre zu fragen, ob man angesichts dieser Sachlage bei Freiburg im
Jahr 1120 schon von einer Stadt sprechen kann. Bei Allensbach und Radolfzell
handelt es sich nach dem bisherigen Sprachgebrauch eindeutig um Märkte;
und den Unterschied zwischen Markt und Stadt sieht man in dem Vorhandensein
einer rein herrschaftlichen Ordnung im einen, in den daneben
bestehenden genossenschaftlichen Ordnungselementen im andern Fall. Wenn
wir an die Existenz der vierundzwanzig bevorzugten Gründungsmitglieder im
ältesten Freiburger Recht glauben könnten, dann dürfte man sagen, daß hier
an dieser Stelle der Sprung vom herrschaftlichen Markt zu der sich teilweise
selbst verwaltenden Stadt eindeutig festzustellen wäre. Aber gerade das ist
nicht möglich. Und so wird man sich weiter fragen müssen, ob man überhaupt
die Begriffe so pressen soll, ob man in der Entwicklung vom Markt zur Stadt
nicht eine allmähliche Entwicklung sehen soll, deren Übergänge für uns und
erst recht für die damaligen Zeitgenossen gar nicht spürbar sind.

Ich möchte sagen, daß Freiburg nach dem Gründungsprivileg von 1120 noch
alle Symptome einer Marktgründung hat, daß es sich grundsätzlich in nichts
von den Märkten des späten 11. Jahrhunderts unterscheidet; daß es aber ebenso
eindeutig hundert Jahre später zur Zeit des Stadtrodels eine voll ausgebildete
Stadt war. In der Zwischenzeit ist durch normale Evolution ein Wachstumsprozeß
vor sich gegangen, der den Markt zur Stadt gemacht hat, ohne daß wir
die Einzelheiten fassen können — vielleicht sollten wir auch gar nicht versuchen,
sie zu fassen. Es wäre naiv, festzustellen, daß etwa im Jahr 1168 Freiburg noch
ein Markt, 1169 bereits eine Stadt war. Derartige Entwicklungen, gerade wenn
sie eine Zukunft haben, reifen unmerklich in der Stille, und sie werden den
Zeitgenossen am allerwenigsten bewußt.

Aber auf einen anderen Gesichtspunkt möchte ich noch aufmerksam machen,
der mir wesentlich scheint. Will man den gewachsenen Städten der älteren
Zeit, soweit man bei ihnen von Städten reden kann, die gegründeten Märkte
und Städte des 12. und schon des späten 11. Jahrhunderts gegenüberstellen, so
fällt gleich ein Gesichtspunkt auf: Bei den gewachsenen älteren Städten steht

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