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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0042
Chorturmkirchen im Breisgau

Von Wolf gang Müller

Es ist gut, wenn man sich zunächst einmal darüber klar wird, welche Art
von Kirchen gemeint ist, wenn man von Chorturmkirchen spricht. Ein Chor
ist dem allgemeinen Verständnis nach ein von dem Raum der Gläubigen abgesonderter
Teil eines kirchlichen Gebäudes, in dessen Mittelpunkt der Altar
steht. Im katholischen Gottesdienst ist er ein aus der Entwicklung der Grundformen
des Sakralbaues nicht mehr wegzudenkender Teil des Gotteshauses.
Auch moderne Kirchen, die vielleicht nach außen den Chor nicht mehr abheben,
werden ihn mindestens durch ein höheres Bodenniveau betonen. Im Tiefsten
liegt der Gedanke zugrunde, daß dem Göttlichen ein eigener Raum gebühre,
ein Unzugängliches, ein Allerheiligstes, wie ihn die Tempel der Antike, wie
das Bundeszelt und der Tempel des Alten Testaments kannten. Wenn auch der
katholische Gottesdienst des Westens zwar nicht die Höhepunkte der Liturgie
hinter einer Ikonastasenwand vollzieht, wie die östlichen Liturgien, so bringt
doch schon der Platz, der für den Vollzug der Liturgie gewählt ist, zum Ausdruck
, daß in den göttlichen Dingen uns der ganz Andere, der ewige Herr, der
Ehrfurcht Gebietende begegnet, mit dem wir uns nicht gemein machen dürfen.

Daß zu einer Kirche ein T u r m gehöre, ist eine sehr geläufige Vorstellung.
Läßt man ein Kind eine Kirche zeichnen, so wird es sicherlich einen Turm
anfügen und frägt man es, wo man denn in die Kirche hineingehe, wird es auf
eine Tür im Turm, unter dem hinweg man also das Gotteshaus betritt, weisen.
Unsere Vorstellungen sind sehr in der Richtung geprägt, als ob die Kirchtürme
Eingangstürme sein müßten, die den Zugang entweder überragen oder, wenn
es sich um zwei Türme handelt, flankieren. Daß es aber, offenbar kurz nach
dem Aufkommen der Kirchtürme, auch einen ganz anderen Typ gerade unter
unseren süddeutschen Dorfkirchen gegeben hat, der allerdings noch im Mittelalter
in Abgang kam, ist uns merkwürdig wenig bewußt. Es ist eine Hauptabsicht
dieses Aufsatzes, auf ihn wieder einmal hinzuweisen, auf diesen
Typ der Chorturmkirchen, die es viel zahlreicher gab, als man zunächst meinen
mag, jene Kirchen also, die über dem Chor selbst, daher - - bei der ja früher
selbstverständlichen Ostimg der Kirchen - - jeweils nicht im Westen, auf der
Eingangsseite, sondern im Osten, auf der Chorseite, oder richtiger, direkt
über dem Chor ihren Turm hatten; dessen Erdgeschoß war der nach dem
Langhaus hin durch den Triumphbogen geöffnete Chorraum. Es liegt auf der
Hand, daß in dieser Verbindung des Turmes mit dem Herzstück des kirchlichen
Gebäudes der Turm nicht mehr nur eine Funktion als Glockenturm erfüllt, wie
er sie, bei seinem ersten Auftreten in losem Zusammenhang oder von der Kirche
völlig isoliert stehend (Campanile), übernahm und in Italien weiterhin festhielt.

Wissenschaftlich ist dieser Kirchentyp noch kaum aufgearbeitet. Man ist
noch nicht einmal zu einer wirklich präzisen Bezeichnung dieser Form, Kirchen

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