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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0056
Luzifers Stuhl

Von Helmut Na u m a n n

Das Nordportal des Freibtirger Münsterchores hat bisher nur selten die
Aufmerksamkeit der kunsthistorischen Forschung auf sich gezogen; seit
Schaefers Versuch, die ikonographischen Zusammenhänge der Genesis-Darstellung
aufzuzeigen1 und der vorwiegend stilgeschichtlich argumentierenden
Analyse Vöges2 hat es nur in Gesamtdarstellungen des Freiburger Münsters3
oder seiner Plastik4 einen begrenzten Raum gefunden, als eine Einzelheit aus
der reichen Vielfalt dieses Bauwerkes5. Die folgende Studie möchte den Blick
nach langer Pause erneut auf die dortigen Skulpturen lenken und zu ihrer
Deutung beitragen; sie will versuchen, eine der Darstellungen, und zwar den
„Sturz Luzifers" im oberen Felde des Tympanons, aus der Gedankenwelt des
Mittelalters heraus zu verstehen und dabei aufzuzeigen, daß in ihr ein einmaliges
, in der bildenden Kunst sonst nicht bekanntes Zeugnis für gewisse
Strukturen eben dieser Gedankenwelt vorliegt. Daß ein solches Bemühen nicht
überflüssig ist, zeigt ein Blick auf die bisherigen Lesungen der Szene, die durchaus
uneinheitlich sind.

Hartmann etwa erblickt hier folgendes: „Im oberen Feld war geschildert,
wie Gott-Vater die Anbetung der Engel (repräsentiert durch eine Figur) entgegennimmt
, wie er aber die Teufel (gleichfalls repräsentiert durch einen einzigen
, der gierig nach einem ihm von Gott überlassenen Thronsessel greift)
verstößt." Schmidt dagegen versteht die Szene so: „Im Bogenfeld sehen wir
oben den Aufruhr der bösen Geister, dargestellt durch den thronenden Gottvater
, den ein Teufel von seinem Sitz zu verdrängen sucht, und einen anbetenden
Engel, der die Treue der guten Geister repräsentiert." Wenn hier einerseits
die Erhebung, andererseits die Verstoßung der Teufel als das intendierte
Bildmotiv angesprochen werden, so handelt es sich drittens nach Kempf
und Schuster um den beide Akte zusammenschließenden Augenblick: „Das
quergeteilte Bogenfeld zeigt oben den Sturz Luzifers, der seinen Thron über
die Sterne setzen und dem Allerhöchsten sich gleichstellen will. Mit leichter,
fast majestätischer Handbewegung stößt der Herr den Bösen von sich, indes
auf der andern Seite ein Engel anbetend kniet." Ähnlich hatte Schaefer die
Szene beschrieben: „Das bärtige Haupt von edelm Ausdruck nach rechts ge-

1 Karl Schaefer, Die Weltschöpfungsbilder am Chorportal des Freiburger Münsters, Scliau-ins-Land 26,
1899, 11—24.

2 Wilhelm Vöge, Zum Nordportal des Freiburger Münsterchors. Freiburger Münsterblätter 11, 1915, 1—9.

3 Friedrich Kempf und Karl Schuster, Das Freiburger Münster, 2.-4. Auflage, Freiburg 1923; Hans Jantzen,
Das Münster zu Freiburg (Deutsche Bauten XV), Burg bei Magdeburg 1929.

* Otto Schmidt, Gotische Skulpturen des Freiburger Münsters I, Frankfurt am Main 1926.
5 Paul Hartmann, Die gotische Monumental-Plastik in Schwaben, München 1910; Hartmann hat die Freiburger
Genesis-Szenen denen des Ulmer Hauptportals vergleichend gegenübergestellt.

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