Freiburger historische Bestände - digital

bekannt gewesen sein muß, um so mehr, als die (mit unserem Meister verwandten
) Merdinger Yögte „namens der Rebbesitzer" für die Ablieferung- des
Competenz-Weines nach Lehen gesorgt hatten. Außerdem verrechnete der
Merdinger Sonnenwirt Franz Seelinger (Ziff. 8) jährlich Bodenzinsen mit der
Pfarrei Lehen158.

Das Augustinermuseum zu Freiburg verwahrt im Depot - - Nr. 11 638159 —
eine Annaselbdritt, deren Herkunft aus Merdingen die stilistische ZuSchreibung
an J. B. Sellinger bestätigt. Mutter Anna, auf einem Lehnsessel thronend, hält
auf ihrem Schoß den stehenden, unbekleideten Jesusknaben (Puttentyp) und
daneben die mädchenhafte, sitzende Maria, die sehr an die Lehener Immaculata
(Haare) erinnert. Reste einer farblichen Fassung beeinträchtigen die Wirkung
der derben Statue. Bis zum Jahre 1910 stand die Llolzskulptur auf dem Speicher
des Merdinger Hauses Stockbrunnengasse 121160. Die Durchforschung der
Kirchenbücher ergab, daß die Hauseigentümer von einem Ehepaar Anton Bintz
(Sohn von Ziff. 11) und Catharina Seelinger, Tochter des Sonnenwirtes Franz
Seelinger (Ziff. 8) herstammen. Unter den heute auf die Familie Edmund Ehret
vererbten Famiiienurkuuden befindet sich auch ein „Einzugs Register deren
Frucht- geld- und LTüener gefäll zu Lehen und Bezenhausen", geführt für die
Jahre 1760 bis 1764. Was darin auf Seite 27 festgehalten ist, verdient zitiert zu
werden: „Die Kirch oder Fabric zu Lehen Soll Laut urtel de anno 1463. Jährl.
in geld 4 b 3 d" bezahlen. Welcher von den nahen Verwandten des Bildhauers
J. B. Sellinger die Gefälle in Lehen einzog, ist für unsere Überlegungen nebensächlich
. Die beiden Lehener Statuen unseres Meisters gesellen sich jedenfalls
durch die persönlichen Zusammenhänge eng zu der Merdinger Annaselbdritt
des Augustinermuseums.

Zu den beiden besprochenen Statuen der Unbefleckten Empfängnis in Bad
Krozingen und Lehen reiht sich eine dritte am Haus Hirtler161, Hauptstraße 39,
zu E n d i n g e n a. K. Mit der Jahreszahl 1763 am Sockel dürfte wohl an
die Aufstellung der Immaculata wie auch an den Umbau des an sich älteren
Hauses — 1571 ■ - erinnert werden102. An den Gesten der Hände, der Faltenbildung
und Raffung des Mantels mittels eines Riemens läßt sich ablesen, von
wem die Arbeit stammt. Über dem zweiten Eingang des Llirtlerhauses steht
eine gleichfalls J. B. Sellinger zuzuschreibende Skulptur, ein St. Florian (mit
Jahreszahl 1763). Der Heilige, in der Arifmachung eines römischen Legionärs,
gießt aus einem Handkübel Wasser auf ein brennendes Haus. Er wirkt ähnlich
kurzgestaucht wie der Wendelinus des Merdinger Stockbrunnens. Beide Endinger
Statuetten tragen am Sockel eine Kartusche aus zwei zusammengestellten,
in großen Punkten endenden Bögen, um die sich Laubwerk entfaltet. Die Kartusche
des Florian umschließt ein verwittertes Monogramm, dessen Buchstaben
FL/aS (Franz Anton Litschgi / M. Anna Seilnachtin?)163 von einem Savoyar-
denzeichen geteilt sind. Franz Anton Litschgi, Handelsmann Wilhelm Litschgi164

158 Mitteilung -von Frau Dr. L. Noack-Heuck, Freiburg (29. Mai 1961). — Siehe aucli Ausführungen über die
Annaselbdritt des Augustiuermuscurns!

159 Mitteilung von Fräulein Dr. I. Schroth, Freiburg (2. August 1961).

160 Mitteilung von Herrn Edmund Ehret, Merdingen, von dessen Großmutter Josepha Binz Haus und Statue
stammten (27. August 1961).

igi Lacroix-Nicster, Kunstwanderungen in Baden, S. 150.

162 Mitteilung von Herrn Franz Hirtler, Endingen (16. Oktober 1961).

163 Karl Martin, Die Einwanderung aus Savoyen nach Südbaden im Schau-ins-Land, Jl. 65/66 (1938/39), S. 56.
104 p p Albert, Chr. Wentzingers Letzter Wille und Nachlaß, Sonderdruck aus der Zeitschr. des Freib.

Gesch.-Vereins, Bd. 41 (1928), S. 20 — Nr. 24.

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