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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0112
behaupten, wäre wissenschaftliches Wagnis. Es ist durchaus möglich, daß der
Schuddig in Elzach selbst, wenn auch in Anlehnung an allerlei auswärtige
Vorbilder, entwickelt worden ist. In Elzach selbst wird zuverlässig berichtet,
daß noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem die ärmere Schicht der
Bevölkerung an der Fastnacht die Schuddigfigur trug und daß sie „standesgemäß
" erst vor etwa 80 bis 100 Jahren wurde. Was die fremden Einflüsse
angeht, so deutet manches in der Formensprache auf Tirol, wohin auch nach
dem Untergang des vorderösterreichischen Staatsgebildes allerlei Beziehungen,
vor allem auf den Wegen der wandernden Handwerksgesellen, liefen87. Verwandtschaften
in der Form bestehen auch zu schweizerischen Masken88, während
sich Schuddiggestalt und Schuddigbräuche von den innerschwäbischen Formen
kräftig unterscheiden. Dies näher zu untersuchen, ist aber Aufgabe des Volkskundlers
und des Trachtenforschers. Mag der Schuddig für diejenigen, die für
das mittelalterlich-christliche Zwischenstück zwischen germanisch-heidnischem
Urerbe und beginnender, das Brauchtum säkularisierender Neuzeit nicht viel
übrig haben, durch unsere Nachweise einiges an Interesse verloren haben: der
Originalität seiner heutigen Ausstattung tut dies keinen Abbruch. Und daß
hinter allen kirchlichen und wieder entkirchlichten Riten des Schurtags ein
dunkles Stück alten Dämonenglaubens, urtümlichen Bedürfnisses nach Überwindung
und Vertreibung des langen Schwarzwälder Winters steckt: wer
möchte das bezweifeln?

V.

Ganz am Ende unserer Betrachtungen sind wir allerdings noch nicht. Wenn
auch nicht über die Form der Hauptfigur und über die Besonderheiten der
heutigen Elzacher Fastnacht wie etwa das Taganrufen, dann kann und soll
doch noch einiges über Ablauf und Bedeutung der älteren
Elzacher Fastnacht beigebracht werden.

Es ist wohl nicht viel anzufangen mit einer Nachricht des Ratsprotokolls
aus dem Jahre 165489, wonach ein Bürger zu einem anderen sagte, „die Herren
der Stadt", d. h. die Ratsherren, „seien wohl Narren", weil sie entgegen seiner
Rechtsauffassung erkannt hatten. Dergleichen kam vermutlich auch anderwärts
vor und die Herren vom städtischen Rat wollten, Fastnacht hin oder
her, nicht Narren gescholten werden: also ließen sie durch Schultheiß und
Amtsverwalter Zeugen verhören und erkannten den Missetäter in den Turm!

Bessere Dienste leistet uns nun aber wiederum unser trefflicher Schultheiß
Heberle, der nicht nur ein sorgsamer Bewahrer städtischer Rechte,
sondern auch ein streitbarer Verteidiger der eigenen Machtstellung und ein
wackerer Zecher war90. 1671 beschwert sich die Bürgerschaft beim vorderösterreichischen
Regiment über Heberle, er habe „der Stadt große Unkosten verursacht
, indeme er underschidliche frembde Personen auf das Rathaus geladen,
zue zeithen wider allen consens des Rats allerhand Faßnacht Spill und dollen

87 Zu Tiroler Formen A. D ö r r e r , Das Scliemenlaufen in Tirol (1938).

88 K. M e u 1 i , Schweizer Masken (1942).

89 RP. I, fol. 88b (1654, Febr. 16).

90 Dazu einiges in meinem Vorwort zu Heberies Rechtsaufzeiclmungen, Schauinsland 70, S. 66 f.

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