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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1964/0008
anfang, trotzdem daneben der ganze Fensterrahmen herausgerissen und an
die gegenüberliegende Wand geschleudert war. Ich wühlte mich nun auch noch
rasch nach dem oberen Stock und auch nach dem Dachboden durch, um zu
sehen, ob es nirgends brenne. Ein wahres Glück, daß das uns erspart blieb,
und auch dem ganzen Viertel um uns. Aber von der Stadt her warfen schwere
Brände ihren Lichtschein nach den Häusern der Erbprinzenstraße. Der Mond
leuchtete so ruhig und mild auf dieses Jammerbild herab, bald aber war es
völlig verschleiert unter einer geschlossenen Staubwolke.

Beyer und Reich halfen uns, zunächst im Studierzimmer, das Notwendigste
vom Boden zu räumen. In der Küche war am wenigsten geschehen; das allerdings
stark eingetrocknete Essen stand noch auf dem Herd, unter dem das
Feuer brannte. Wir begaben uns wieder zurück in [den] Keller, wohin wir
eine halbe Flasche Kognak und Weihnachtsgebäck mitnahmen, um etwas in
[denl Magen zu bekommen.

Bald kam H. Crone, der Farbphotograph, dahin, um nach uns zu sehen; er
war vom Münsterbauvereinsgebäude über den Schloßberg und die Kartäuserstraße
geirrt, um einen gangbaren Weg zu uns zu finden. Auch die bei Reichs
wohnende Münsteraner Studentin war mit ihrem Bräutigam nach 10 Uhr erschienen
. Sie waren in der Brauerei Sutter zum Nachtessen gewesen und
berichteten, daß dort ein Volltreffer das Gebäude getroffen fhabel und alsbald
alles in hellen Flammen stand, daß aber sehr viele Gäste voraussichtlich den
Tod gefunden hätten10, wie sie auch nur mit äußerster Anstrengung aus dem
brennenden Trümmerhaufen sich hätten retten können. Man hörte jetzt, daß
St. Martin und das Pfründhaus, ebenso [das] Vincentiushaus brenne, desgleichen
das Konvikt.

Ich begab mich jetzt auch vor unser Haus, wo Ruhs11 standen und Frau
Lang, die jammerte, daß ihr Heim (hinter Ruhs Haus) nicht mehr existiere.
Es kam eine laut weinende Frau, die Hilfe suchte für ihre Schwester, die im
Keller der Sedanstraße 1 verschüttet um Hilfe rufe.

Ich ging jetzt gegen die Caritas12 über hoch aufgeschüttete Trümmer vor
der Universitätslübliothek und sah Theater und Berthold-Gymnasium in
hellen Flammen. Weiter wagte ich mich nicht wegen meiner schwachen Angen
bei der Dunkelheit.

Im Schutzkeller legte ich mich jetzt auf eines der Schntzbetten, das aber
ein wahrer Marterschragen war; auch wurde es empfindlich kalt. Alle zwei
Stunden erhob ich mich und sah mich oben um, ob keine unmittelbare Gefahr
drohe. Die Brand röte in der schweren Dunstschicht und auf der Rückseite der
Häuser der Erbprinzenstraße wurde immer unheimlicher. Von der Stadt her
hörte man lebhaftes Rufen und Gehen und von Zeit zu Zeit das Krachen auf
Zeitzünder gestellter Bomben. Um 4 Uhr sah ich. daß die kleineren Häuser in
der Belfortstraße hinter Freys13 Haus brannten und daß man versuchte, durch
Einreißen das Weitergreifen des Feuers einzudämmen.

Gegen Morgen ging ich bis zum Martinstor und sah, Avie grausig der Freiburger
Hof getroffen war. LIinter dem Martinstor standen noch beiderseits der

10 Außer der Telefonzentrale hatte die Gaststätte der Brauerei Sutter an der Habsburgerstraße besonders
viele Todesopfer gefordert.

11 Familie Ruh (Frau Ruh geb. Reich) bewohnte das Nachbarhaus Rempartstraße 10.

12 Das jetzige Werth mannhaus am Werthmannplatz.
!3 Hausmeister der Universitätsbibliothek.

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