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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0140
auf die Stadt übergehen sollte und die Möglichkeit besteht, daß der Stadtrat
unter dem Vorsitz des Bürgermeisters als Schöffenkollegium Gericht hielt27.

Nach den unter Folter zustande gekommenen Geständnissen soll, wie im
Verhörprotokoll und in den Prozeßakten berichtet ist, folgendes geschehen
sein: Die Juden seien in der Nacht aufgestanden, im Hause des Rabbi Elias,
bei dem dessen Brüder Merklin und Eberlin und andere Juden gewesen sind,
und im Hause des Juden Heszmann, um miteinander das Lauberfest zu feiern.
Sie hätten beraten und seien übereingekommen, die Fremden in der Scheune
umzubringen. Die Juden hätten zuerst die Eltern, dann die Kinder (Knabe
und Mädchen, etwa drei Jahre alt) umgebracht und dabei einander geholfen.
Elias sagte, er habe „an dye schüre . . . durch einen spalt gesehen, das iglicher
ein persone für sich neme". Das Blut der Kinder hätten sie in einem Glas
gefaßt und mit den Kindeshäuptern in die Stube des Elias gebracht. Einige
Juden seien nicht bei dem Umbringen der vier Menschen direkt beteiligt gewesen
, sondern hätten „vor dem husze gehütet" (Elias) und „by dem bach uff
dem brucklin czu warten und czu hüten" gehabt (Eberlin). Die Leichen seien
dann „czum hinderen thurlin usz der schüren hin usz czwuischen Kunlin
Bynnders husze getragen in den gerner uff der cristen kyrchoff und dye totten
lichnamen in das gebeyne begraben"28. Die Juden „weren eins worden, das
man in synem husze (Elias) betten und murmelen sollte uf das, ob dye armen
luthe schryen wurden, das man dann in der stat den mordt nit hören möchte."
Elias habe weiter gesagt „das dar nach Mennlin iude und der ein fremd schal-
latziude (Berman)29 das blut und die zwey kindeshaupter mit ynen hinwegk
fürten in fremde lant" (gein Frankfurt) und „das sye auch der armen luth
roslin mit ynen gefurt haben"30.

Die örtlichen Verhältnisse in Endingen waren damals bei der früheren
„Judengasse" sicher dergestalt, daß Scheunen, Gäßlein und Höfe ein Hinübergehen
vom „Judenhaus" zum „Gerner" gut ermöglichten31. Das ist heute noch
offenkundig beim Blick auf diesen Ortsteil vom Turm der Pfarrkirche aus.

Das Blut der Kinder sei auch einem reichen Juden zu Pforzheim Leo zu
kaufen gegeben worden, ebenso dem Juden Leomann zu Schlettstadt. Des Elias
Weib Sarlin habe von Mercklin zehn Gulden Schweigegeld erhalten. Den von
Mord wissenden alten und jungen Juden sei „verbotten worden bi der judi-
scheit und verlierung libs und lebens, das si nit davon sagen solten"32. Die
Juden hätten gesagt, sie bräuchten das Christenblut „zu irer beschnidung für
iren kryesame". Bei dem Verhör habe Eberlin begehrt, man solle ihn Christ
werden lassen, so wolle er ein guter Christ sein und bleiben.

Hörten wir schon, daß die Endinger Gerichte wegen des Strafmaßes besonders
gefürchtet waren, so wird es, ohnehin in der „Übung" jener Zeit gelegen,
hier mit dem Verhör unter Folterungen entsprechend zugegangen sein. Für
jeden, der sich über die Gerichtsmethoden — „one alle marter und Wetlum" -

-7 Wild, S. 18 — UhlGSpit. Nr. 1312, II, S. 291, nennt am 24. Oktober 1477 die Namen des Rats
zu Endingen.

28 Wollram, S. 314 f.

29 Berman sagte aus: „er sey von ungeschicht komen gen Endingen, da sient dye iuden zu in
gangen in sins wirts husz, der auch ein iud were". (Wolfram, S. 318)

30 Wolfram, S. 315.

:!1 Siehe Lageplan, S. 141.
«2 Wolfram, S. 316.

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