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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0147
die sich allmählich durchsetzende Wandlung, den Haß abzubauen und im
Juden den Nebenmenschen zu sehen. Dabei beriefen sich die Endinger immer
wieder auf ihr Privileg von Maximilian vom Jahre 1517, und die Vorderösterreichische
Regierung war nicht willens, ein Machtwort zu sprechen54. Einem
Antrag der Kaiserlich Königlichen altbreisachischen und sämtlicher markgräflichen
Schutzjudenschaften vom 27. August 1782 mit der wiederholten Bitte
um „Eröffnung der Stadt Endingen, Bann und Stadt" an die K. K. Regierung
und Kammer haben sich Bürgermeister und Rat von Eiidingen ebenso widersetzt
wie späteren Gesuchen gleicher Art55. Dies geschah alles noch nach dem
Erlaß des Toleranzedikts Josephs IL vom Jahre 1782. Am 23. März 1789 sagt
ein Zirkular der K. K. Regierung und Kammer Vorderösterreichs in Freiburg,
daß auch Juden zum obrigkeitlichen Schutz gehören. Wo der Unfug des
Unterschiedes noch bestehe, sollen ohne Rücksicht auf Verträge und veraltete
Gewohnheiten diese entsprechend dem Generalverbot allgemein abgesetzt
werden.

Noch im Jahre 1794 ist in den Endinger Akten nachgewiesen, daß Juden
aus Eichstetten, die zum Wochenmarkt nach Endingen kamen, „mit Worten
und Tätlichkeiten mißhandelt" wurden. Es gab einige richtige „Judenschläger",
die auf eigene Faust, entgegen den obrigkeitlichen Anordnungen, die Juden
nicht dulden wollten, sie schlugen und ihnen sogar mit der Pistole drohten.
Die Einvernahme eines Täters „Andreas Schumi, der Lebküchler", ist nachgewiesen
, nicht aber ob und wie er hierfür bestraft worden ist. —Das Handeln
auf Borg und die Vieh-Einstellungen wurden den Juden im Februar 1805
verboten. Erst der Übergang an Baden brachte den Juden in Endingen normalere
Verhältnisse. Dennoch bestätigte am 18. Juli 1817 ein Chirurg die Mißhandlung
eines 18jährigen Juden, dem in Endingen mit Stockstreichen schwer
zugesetzt worden war56.

Die Endinger wurden nie müde, von ihren „unschuldigen Kindern" zu
erzählen und dabei die Juden zu erwähnen, die solche umgebracht hätten.
Franz Michael Kniebühler, Bürgermeister und Poet zugleich, berichtete 1870
in Versform57, daß die Juden am Bach wohnten und vier Christen umbrachten.
Drei Juden würden als nächtlicher Spuk am Judenbuck erscheinen. Über die
in der Kirche aufbewahrten Leichen sagt er: „Und klopfen sie dort dreimal
an. dann man sie heilig spricht. — Schon zweimal haben sie's getan, das dritte
Mal noch nicht"58. Maurer schreibt vom „Richteramt" und den „verbrannten

54 Rosenthal: „Heimatgeschichte der badischen Juden", 1957, S. 188. In den Akten des Badischen
Generallandesarchivs (229/25 015/25 016, 25 069) ist ersichtlich, wie gegensätzlich die Meinungen
über die Aufhebung des Judenverbots zwischen dem Bürgermeister und Rat zu Endingen einerseits
und der Vorderösterreichischen Regierung und Kammer zu Freiburg andererseits waren.
1768 wurde der Jude Salomon aus Sulzburg in Endingen inhaftiert, weil er die Stadt betreten
hatte. 1785 besagt ein Gesuch der Judenschaft auf Aufhebung des Verbots, daß die Mordbeschuldigung
vor dreihundert Jahren ein Märchen und die Ausschließungen der Juden aus
Endingen unbillig sei. Dadurch wäre ein Umweg von zwei Stunden um den Bann nötig, was
zum Schaden von Endingen den Rückgang des Handels und schlechtere Zolleinnahmen verursache.

35 STAE, Akten VI, 1—1. Verschiedene Anträge: 18. März 1772; 28. März 1785; 31. Dezember
1785 u. a. Die Blätter 1 bis 55 dieses Faszikels fehlen; vorhandene Akten beginnen erst mit
Datum 1782.

r,(i STAE, a. a. O.

57 „Hobelmann als Geisterseher" in Karl Meyer: „Mein Kaiserstuhl" 1926, Nr. 7.

58 Im Badischen Sagenbuch von Waibel und Flamm, 1899, wird auch darauf hingewiesen.

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