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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0183
Entwicklung der Judengemeinde und ihrer Einrichtungen seit dem Gleichstellungsgesetz
von 1862 geschildert. Die Einstellung der Stadt und der Bürgerschaft ändert
sich grundlegend, bei der Einweihung des Synagogen-Neubaues im Jahre 1926 kann
der Synagogen-Vorsteher das gute Einvernehmen und das Entgegenkommen sämtlicher
beteiligter Behörden rühmen. Das Stadttheater engagiert jüdische Künstler,
sogar Richard Tauber hat, wie der Verfasser gleichsam als Höhepunkt jüdischen
Wirkens vermerkt, 1929 mehrmals in Freiburg gastiert.

Über die Vorgänge in Freiburg seit 1933 sind, wie eingangs erwähnt, die Unterlagen
äußerst dürftig. Der Verfasser schildert daher, unter reichlicher Verwendung
der üblichen dicken Adjektive, die das Grausige eher vernebeln — die kalten Tatsachen
allein wären wirkungsvoller — die Judenverfolgung in Deutschland, deren
Phasen auch die Freiburger Ereignisse bestimmten. Rund zwei Drittel der 1933 in
Freiburg wohnenden Juden konnten, zumeist durch Emigration, ihr Leben retten.
1940 wurden 600 Juden, die nicht hatten auswandern können, nach Südfrankreich
deportiert, 41 alte und kranke Leute blieben zurück; 1942 wurden auch diese abgeschoben
. 1963 wurden in Freiburg wieder 120 jüdische Einwohner gezählt. Nach
all den geschilderten Untaten erfreut es zu hören, daß zwölf silberne Kultgegenstände
aus der zerstörten Synagoge, dazu die schönen Eichenflügel des Hauptportals,
von unbekannten Händen gerettet und bei städtischen Dienststellen verborgen, 1945
wieder zum Vorschein und in der Folge in den Besitz der neu sich bildenden israelitischen
Gemeinde gekommen sind.

W. Stülpnagel

Horst Ehmke, Karl von Rotteck, der „politische Professor". Freiburger rechts- und
staatswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 3, 41 Seiten, 1 Porträt. Karlsruhe 1964
(Müller).

In den Jubiläumsschriften und -Vorträgen zur 500-Jahr-Feier der Freiburger Universität
ist Karl von Rottecks mehrfach gedacht worden, ein eigener Beitrag über
ihn ist jedoch nicht erschienen. Um so erfreulicher ist es, daß nun Professor Ehmke,
Inhaber eines Lehrstuhls für öffentliches Recht, seine Antrittsvorlesung Rotteck
gewidmet und die neu zu entdeckende Aktualität dieser Persönlichkeit für unsere
Zeit dabei unterstrichen und deutlich gemacht hat. In einer Situation, schreibt der
Verfasser, in der sich die politische Wissenschaft (die Arbeit ist dem Andenken
Arnold Bergsträßers gewidmet) unter Besinnung auf ihre alte Tradition neu zu
begründen sucht, „drängt es sich geradezu auf, einen Mann zu befragen, der am
allerletzten Ende jener alten, im 19. Jahrhundert abgebrochenen Tradition stand,
für den Staatsrecht und Politik keine theoretisch getrennten Gebiete waren". Rottecks
besondere Verehrung galt Kaiser Joseph IL, später dem Großherzog Karl Friedrich,
sein politischer Kampf der Verwirklichung und Erhaltung der neuen konstitutionellen
Ordnung. Durch seine Reden und Schriften übte er die stärkste Wirkung auf
weite Kreise in Baden und in ganz Süddeutschland. Seine Weltgeschichte vor allem,
deren Geist und Wirkung der Verfasser eingehend würdigt, gewann ungeheure
Verbreitung und wurde das große Lehrbuch des deutschen liberalen Bürgertums.
Im „Lehrbuch des Vernunftrechts und der Staatswissenschaften" entwickelte Rotteck
seine Ideen von Staatsrecht und Politik, die sich bei ihm in inniger Verbindung
bewegen. Die Rechts- und Staatswissenschaft insgesamt habe vornehmlich die Aufgabe
, die Forderungen des Vernunftrechts zum Gesamtbesitz aller Verständigen, ja
zum Inhalt der öffentlichen Meinung zu machen. Damit ist die erzieherische Gesamttendenz
von Rottecks Wirken umschrieben. Der „politische Professor" ist kein nebenher
politisierender Professor, sondern ein Mann, der noch „die im alten, umfassenden
Sinne verstandene Staatslehre und Politik vertrat", und der es andererseits für die
Aufgabe der Wissenschaft hielt, „nicht nur Wissen und Bildung zu vermitteln, sondern
politisch zu erziehen". In diesem Sinn bildete das „Politische" bei ihm, wie der

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