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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1971/0030
versehenen Codices, Prachthandschriften, zeigen alle eine starke Formverwandtschaft
untereinander und können so als Gruppe, Werkstatt oder Malerschule
verstanden werden. Naturgemäß mußten dabei Wandmaler, um zu
ihren auszumalenden Kirchen zu gelangen, wandern. Sie kamen schon damals
weit herum. Man hat aber auch Reichenaner Bnchmaler ausgeliehen oder eingeladen
, an anderen Kulturstätten Werke zu schaffen nndSchiiler auszubilden6.

In einem Prachtwerk dieser Gruppe, der Bainberger Apokalypse, das vielleicht
noch in die letzten Regierungsjahre Ottos III., 983 1002, zu setzen ist7,
finden wir auf Blatt 46, beim Sieg über das gefesselte Tier, eine ähnliche
Fesselung (Zeichnung I b). Hierher gehören auch die gebundenen Hände von
Engeln beim Blasen der sechsten Posaune auf Blatt 24. In einem weiteren
Prachtband dieser Werkstatt, dem sogenannten Evangeliar Ottos III. in München
, das um die Jahrtausendwende datiert wird, ergeben bei der Heilung
des Besessenen die deutlich abgewinkelten Daumen eine ganz ähnliche Fingerbewegung
wie in Krozingen (Zeichnung Ic). Das Weltgericht in dem bei
Schrade gezeigten Blatt eines Münchner Codex 4452 in Abbildung 102 zeigt
unten links die gleiche Fesselung eines Teufels5 (Zeichnung Id).

Nun aber zur Gestalt des Henkers in kurzer gegürteter Tunika und knielangem
Mantel. Seitlich hinter dem blutenden Rumpf angeordnet, stößt er die
Klinge seiner Waffe in eine deutlich sich verjüngende Schwertscheide (Abbildung
3). Für dieses Aktionsmotiv haben wir, neben der ähnlichen Kleidung,
eine bedeutsame Formparallele aus dem oben genannten Evangeliar Ottos III.8
(Abbildung 7), worauf Gombert schon hingewiesen hat (Zeichnung IIa, b).
Nur wäre nach seiner Ansicht der Krozinger Henker um einiges früher zu
datieren, was unwahrscheinlich ist, weil das bildnerisch Formale der Gestalt
im Evangeliar doch stärker und akzentuierter, kurz vorbildhafter in der Bewegung
gegeben ist. Eine Reichenauer Handschrift, heute Codex 15 a der
Ordinariatsbibliothek in Augsburg, eine weitgehende Wiederholung des
Münchner Evangeliars Ottos III., von etwa 1020, bringt die Henkerfigur in
etwas abgeänderter Form (Zeichnung II d). Die große ausholende Bewegung,
mit der in der Münchner Fassung der Henker das Schwert erst etwa halb in
die Scheide gestoßen hat, ist hier mehr zu einer intimeren Geste geworden,
mit der die Waffe schon fast ganz in die Scheide gebracht ist. Damit steht aber
Krozingen im Bewegungsablauf zwischen der Münchner und der Augsburger
Darstellung.

Es scheint somit durchaus glaubhaft, daß der Krozinger Meister dieses
Evangeliarmotiv im Zusammenhang mit weiteren wichtigen unten angeführten
Formparallelen gekannt hat (Zeichnung IIa, b, d). Die sich verjüngende
Klingenform der Schwerter ist um Tausend geläufig. Das zeigt das Perikopen-
buch Heinrichs IL, des Heiligen, von Bamberg aus dem Jahre 1007 oder 1012
neben den Waffen unserer angeführten Henkerfiguren, ferner der Goldene
Codex aus Echternach, etwa aus dem ersten Viertel des 11. Jahrhunderts, in
der Darstellung der Jugendgeschichte Christi auf Seite 19.

6 Albert Knoepfli, Kunstgeschichte des Bodenseeraumes, Bd. I, S. 57 ff., Thorbecke 1961.

7 Alois Fauser, Die Bamberger Apokalypse — des Johannes, Text illustriert — Insel 1958, Facsi-
mile, codex Monacensis 140.

8 Evangeliar Ottos III. die 4 Evangelien illustriert codex Monacensis lat. 4453, Abb. 78/4.

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