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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1971/0034
Aus dem spaten 9. oder 10. Jahrhundert, neuerdings, nach freundlicher Auskunft
von Adolf Weis, Bollschweil, mehr St. Gallen zugeordnet, findet sich auf
einem Blatt des Prudentius, Bern Burgerbibliothek cod 264, f 61 r, ein Engel
ohne Flügelquerbänder, der rechts oben eine Seele in den Himmel bringt15.

Sankt Ludgerus in Essen-Werden kannte ein Wandbild, wohl von 943,
auf dem Engel die Seelen von Märtyrern, die als kleine Menschen dargestellt
sind, in Tüchern in den Himmel tragen. Clemen hat es seinerzeit in einer
Aquarellkopie veröffentlicht16. Leider ist, wie ich jetzt höre, ein originaler
Bestand nicht mehr nachzuweisen. Die Kopie habe wohl den alten Zustand
wiedergegeben (Zeichnung ITI, a, b). Gombert machte auf die Ähnlichkeit des
Vorgangs für Krozingen aufmerksam.

Die Reihe läßt sich mit einem byzantinischen Elfenbeinrelief um Tausend
aus der Sammlung Kofier in Luzern fortsetzen17 (Zeichnung ITI c). Zwei Engel
in spiegelbildlicher Anordnung mit Tüchern sind dabei, die Seele Marias in
den Himmel zu bringen. Die gleiche Art finden wir auf dem Elfenbeinrelief
aus dem 10. oder 11. Jahrhundert, das sich auf dem Einbanddeckel des schon
öfter angeführten Evangeliars Ottos III, in München befindet18. Hier handelt
es sich um eine weit delikatere bvzantinische Arbeit.

Auf einem Blatt dieses Evangeliars wird die Seele Marias in einer Scheibe
von zwei Engeln auf Tüchern zu Christus in der Mandorla getragen ^Abbildung
82). In Krozingen naht sich der kleinere Engel ebenso mit der Seele des
Täufers der kreisrunden Mandorla Christi (Zeichnung III a). Auf einer
Miniatur der Bamberger Apokalypse hält Christus in byzantinischer Weise
die Seele empor.

Eine von H. Fischer kommentierte Bamberger Handschrift, verwandt mit
dem Stil der „Liuthargruppe", zeigt die Seele Marias als Halbfigur in einer
goldenen Scheibe19. Weitere, auch spätere Beispiele sind in Anmerkung20 aufgeführt
. Das oben erwähnte Chartreser Evangeliar aus karolingischer Zeit
bringt die Aufnahme der Seele des Täufers durch Engel in den Himmel nicht.

Zweifellos wirken hier in Krozingen byzantinische Anklänge der ottoni-
schen Zeit in manchen Motiven mehr oder weniger deutlich auf die Gesamtgestaltung
.

Ein weiterer Gesichtspunkt wäre die zeitliche Fixierung des schmalen
Querbandes in den Flügeln beider Engel.

Dieses Querbandmotiv ist alt. Es hängt wohl mit der dekorativen Umsetzung
der Flügel bei Keramiken, Goldschmiedearbeiten und Textilien zusammen
. Als rhythmisches Gegengewicht zu dem parallelen Fluß der Federn
bietet es sich an, abgesehen davon, daß manche Vögel am Flügel farbige Binden
als Schmuck tragen. Wir finden es bereits auf griechischen Vasen, auf den

15 R, Stettiner, Die illustrierten Prudentius Handschriften, Berlin 1905, Tafelband I, S. 160.

16 Paul Clemen, Die romanische Monumentalmalerei in den Rheinlanden, 1916, S.80, Taf. VII.

17 Sammlung E. u. M. Kofier, Katalog Kunsthaus Zürich, 1964, Nr. 676, Abb. 57.

18 Wladimir Sas Zalziecky, Die byzantinische Kunst, Abb. 24, Ullstein Kunstgeschichte, Bd. VIII.

lQ H. Fischer, Mittelalterliche Miniaturen aus der Staatsbibliothek Bamberg, 1929, Heft II, lit 5/
Ed V 9.

20 P. C. Dahn, Athos, Burda 1959, Abb. 203: Seele eines sterbenden Mönchs in Kindesgestalt vom
Erzengel Michael ergriffen, antikisierend, Pergamentmalerei des Klosters Dionisiu. Prüfeninger
Handschrift um 1150, Seele des Schreibers von Engeln gehalten. Arles, St. Trophime, Kreuzgangrelief
Tod des Stephanus. Tarrasa-Egara bei Barcelona, St. Maria, Meister von Epinelves Anf.
13. Jahrh., Seele Beckets von zwei Engeln in Tüchern emporgetragen.

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