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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1971/0160
mehr und mehr, von den Kaufleuten und Handwerkern bestimmt wird, woher denn
auch der spätere und auch der neuzeitliche Begriff des „Bürgers" im Gegensatz zum
Adligen und zum Bauern sich herleitet. Der Ausdruck Patrizier, den Fl. für eine im
Anfang nur unbestimmt zu umschreibende, erst in späterer Zeit wohl als „ratsfähig"
zu charakterisierende gesellschaftliche Schicht verwendet, erscheint, zumal den Quellen
fremd, hier nicht unbedingt angemessen. Den Zeitrahmen des Mittelalters überschreitet
Hans Thieme („Die Nüwen Stattrechten und Statuten der löblichen
Stadt Fryburg von 1520", S. 96 108) ein wenig, doch zeigt er hier eine wichtige Naht
stelle auf, wo ältere und neuere Zeit, städtische Uberlieferung und neues römisch
kaiserliches Recht, sich glücklich verbinden. Von Th. wird gegenüber weniger dezi
dierten anderen Meinungen das Neue Freiburger Stadtrecht mit besonderer Betonung
als das Werk im wesentlichen eines Mannes, des Ulrich Zasius, begriffen, dem
nicht nur bei der Abfassung, sondern auch für die praktische Anerkennung und Durchsetzung
das eigentliche Verdienst zukommt. Bei der Beurteilung des Werkes darauf
weist Th. besonders hin sollte nicht nur die Frage nach der deutsch- oder der
römischrechtlichen Herkunft der einzelnen Bestimmungen ins Auge gefaßt werden,
sondern auch die Systematik, der Sprachstil und endlich die Motivation, das Ethos,
der meta juristische Gehalt. Dieses Stadtrecht des Zasius, das außer dem Privat recht
auch das Verfahrensrecht samt Appellation und Vollstreckung umfaßt, hat eine weitreichende
Wirkung gehabt und war bis über das Ende des alten Reiches hinaus, zuletzt
noch subsidiär, in Geltung.

Eine ausgezeichnete knappe Schilderung der Baugeschichte und der Bauformen der
„drei großen Bettelordenskirchen in Freiburg" (S. 109 140) hat der inzwischen verstorbene
Joseph Schlippe zu der Reihe beigesteuert. Mit kennerischem Auge und
feinster Einfühlung werden hier die baulichen Eigentümlichkeiten und besonderen
Schönheiten aller drei Kirchen dem Leser vor Augen gestellt. Sch.s besondere Liebe
gilt freilich der Predigerkirche, deren großartiger Chor um 1800 abgerissen, deren
Langhaus 1944 durch Bomben zerstört wurde, bis auf den Westgiebel, den man danach
abgetragen hat. Auch die Barfüßerkirche (St. Martins Kirche) ist 1944 zum Einsturz
gebracht worden, und seitdem durch Fridolin Bosch in vorbildlicher Weise wiederhergestellt
. Als Gesamtanlage ist mit Kirche und Kreuzgang lediglich das Augustiner
kloster erhalten geblieben, wenn auch besonders die Kirche seit gotischer Zeit manche
Veränderung erfahren hat. Mehrere Abbildungen sind beigegeben, insbesondere ver
gleichende Grundrisse der drei Kirchen und eine farbige Wiedergabe des Muttergottes
Glasgemäldes aus dem Westfenster der Predigerkirche, das sich im Freiburger Augu
stinermuseum befindet. Weitere Scheiben aus der Kirche bilden jetzt einen Schmuck
des Freiburger Münsters. Im letzten Beitrag des Bandes: „Mittelalterliche Formen
kirchlichen Lebens am Freiburger Münster" (S. 141 -181) untersucht der Herausgeber
Wolfgang Müller die Frühgeschichte der Freiburger Pfarrei und die hierbei
bestellenden Probleme, wozu der Rez. bereits in Schau-ins-Land 88, S. 19 ff. einiges vorgebracht
hat. Der Hauptteil des Vortrages beschäftigt sich mit dem kirchlichen Leben
und mit der Benefizialgeschichte des Münsters, einer hochwichtigen Seite des öffentlichen
Lebens und der Volksgeschichte unserer Stadt in spätmittelalterlicher Zeit. Hier hat M.
eine Fülle von Nachrichten über die Stiftung von Pfründen verschiedener Art, über
ihre Statuten, über die Lokalisierung der Altäre und über die Persönlichkeit der Stifter
zusammengetragen. Das erstaunlich reiche und vielgestaltige religiöse Leben jener Zeit
wird hier dem Leser leibhaftig vor Augen gestellt. Seit 1520 wurden zwar keine
Kaplaneien mehr gestiftet, doch die Ausstattung mit Altären, jetzt auch im Kapellen
kränz des eben fertiggestellten neuen Chorbaus des Münsters, wurde fortgesetzt. Die
Formen des Gottesdienstes und der Sakramentsspendung, die Reliquienverehrung und
endlich einige Hinweise auf die finanzielle Seite kirchlichen Bauens und gottesdienst
lieber Verrichtungen beschließen den überaus reichhaltigen, viele neue Kenntnisse zur
geistigen wie zur materiellen Heimatgeschichte vermittelnden Beitrag.

W. Stülpnagel

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