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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1971/0161
Hans Sauter, Studien zum mittelalterlichen Privatrecht der Stadt Freiburg. Unter
besonderer Berücksichtigung der Sicherungsrechte (Veröffentlichungen aus dem
Archiv der Stadt Freiburg i. Br., 11. Bd.). Wagnersche Universitätsbuchhandlung Karl
Zimmer, Freiburg i. Br., 1969, XIV und 196 Seiten.

„Tunt damit ab und vernichten all und yed unser vorigen gewonheiten, pruch, sat
zungen, stattrecht und herkomen, die wider diß unser nüw' Statuten, Satzungen und
stattrechten in geinein und Sonderheit fechten und sin möchten . . ." Mit diesen Worten
unterstreicht der Freiburger Rat 1520 seinen Reformwillen und stellt sich dank dem
meisterlichen Geschick des Ulrich Zasius in die erste Reihe der deutschen Rezeptions
gesetze. Die Stadtrechtsreformation ist bereits eingehend bearbeitet von Hansjürgen
Knoche, Ulrich Zasius und das Freiburger Stadtrecht von 1520, Karlsruhe 1957. Über
die „vorigen gewonheiten" gab es bislang keine umfassende Darstellung. Lediglich mit
einem Teilgebiet des Privatrechts hat sich Theodor Mayer-Edenhauser, Das Recht der
Liegenschaftsübereignung in Freiburg im Breisgau bis zur Einführung des Badischen
Landrechts, Freiburg 1937, auseinandergesetzt. Nunmehr stellt sich die vorliegende
Arbeit die Aufgabe, das mittelalterliche Privatrecht der Stadt und seiner Umgebung
bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, also vor der tieferdringenden Begegnung mit dem
gelehrten Recht, zu schildern. Die Untersuchung ist als Dissertation aus einem Seminar
von Professor Hans Thieme (Freiburg) über das Freiburger Urkundenbuch im Winter
semester 1958/59 hervorgegangen. Mit dem Verfasser erinnert sich der Rezensent dankbar
an jenes programmreiche Seminar, das in den folgenden Jahren so viele zu ver
tiefter Beschäftigung mit der Rechtsgeschichte angeregt hat.

Die Erforschung des älteren deutschen Privatrechts ist ein Wagnis, und der Kritiker
hat es dabei weitaus leichter als der Darsteller. Zwar wird der Vorwurf der Historiker,
die rechtsgeschichtliche Forschung sei allzusehr in einer anachronistischen Institutionen
schau befangen, vor allem auf dem Feld der Verfassnngsgeschichte ausgetragen. Gleich
wohl stellt sich das Problem in seiner ganzen Schärfe auch im Privatrecht, nur daß hier
die allgemeine Geschichtswissenschaft die Normerfahrenheit des Juristen anerkennt
und bislang keine eigene Kompetenz beansprucht. Damit ist jedoch für den Rechts
historiker der Weg keineswegs geebnet. Die historische Entfernung wirft die Frage des
Zugangs zu den Quellen auf. Der Rechtshistoriker ist in ähnlicher Lage wie der Rechts
vergleicher, der eine fremde Rechtsordnung kennenlernen und in die eigene Begrifflichkeit
übersetzen muß, wobei diesem allerdings anders als dem Rechtshistoriker eine
gewisse gesellschaftliche und wirtschaftliche Homogenität zu Hilfe kommt. Das Ver-
stehensproblem des mittelalterlichen Rechts kompliziert sich weiter durch das ver
änderte Eigenverständnis des Rechts und seiner Vertreter. Während das ältere Recht
in unreflektierten, wenn auch mehr oder weniger differenzierten Gewohnheiten bestand,
ist das heutige Recht durch einen höheren Bewußtseinsgrad, einer wissenschaftlichen
Durchdringung gekennzeichnet. Dieser Prozeß, der den Wissensschatz des Schöffen durch
die Wissenschaft des Juristen ersetzte, ging im 12. Jahrhundert von Oberitalien aus
und führte auf dem Kontinent zur sogenannten Rezeption des wissenschaftlich bearbei
teten römischen Rechts. Macht es diese Entwicklung allein dem Juristen schon schwer
genug, von seinem Standort aus das mittelalterliche Recht wiederaufzufinden, so
kommt zur Verfremdung für den Germanisten seit langem ein Gefühl der Überfremdung
durch das römische Recht hinzu. Dies hat Generationen von Forschern zu dem
Nachweis getrieben, daß das ältere deutsche Recht dem römischen ebenbürtig, wenn
nicht gar überlegen gewesen sei. Bei diesem Bestreben verwundert es dann kaum noch,
daß sie ihre begrifflichen Instrumente dem pandektistischen Handwerkskasten entliehen
und damit dem Stoff nicht immer gerecht wurden. Seitdem ist viel kritisiert worden,
ohne daß bislang jedoch eine allgemein zuverlässige Methode zur Verfügung stünde.
Der Rechtshistoriker steht sich selbst im Weg, wenn er ein unsystematisches Recht
systematisieren soll.

Mit diesen Bemerkungen soll um Verständnis für die Schwierigkeiten der vorlie
genden Arbeit geworben werden. Sauter sieht in der Rezeption, die er lediglich als

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