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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1971/0162
materielle Übernahme von römischen Rechtsnormen versteht, eine „Fehlentwicklung
und beklagt die Vernachlässigung des älteren deutschen Rechts durch das geltende
Bürgerliche Gesetzbuch (S. 191). In Freiburg hätten sich „privatrechtliche Rechtsübungen
entwickelt, die sich in ihren verfeinerten Rechtskonstruktionen dem dogmatisch weit
gebundeneren und damit notwendig auch starreren, später rezipierten römischen Recht
in mancher Beziehung als überlegen erweisen" (S. 189). Durchaus berechtigt ist die An
erkennung der Leistungsfähigkeit des älteren Rechts, das an schwierigen Konstruk
tionen dem heutigen um nichts nachstand. Vielleicht sollte man es sich aber überhaupt
versagen, im Geiste des historischen Positivismus Vergleiche anzustellen. Die Rezeption
wird heute gründlicher verstanden als Rationalisierung der staatlichen und recht
liehen Organisation, die allerdings nicht notwendig an das römische Recht gebunden
gewesen wäre (so auch Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Auflage 1967).
Ein Blick auf die englische Rechtsgeschichte zeigt einen auch für Deutschland möglich
gewesenen Weg kontinuierlicher Rechtsentwicklung ohne den Einfluß der oberitalienischen
Rechtsschulen.

Sauter geht allerdings einen anderen Weg, indem er seinen Stoff in das Fünf
bücherschema des Bürgerlichen Gesetzbuches vom 1. Januar 1900 zwingt: Allgemeine
privatrechtliche Rechtsgrundsätzc, Schuldrecht, Sachenrecht, Familienrecht und Erb
recht; den Sicherlings rechten ist ein besonderer Abschnitt gewidmet. Dies ist zweifellos
ein kühnes und gewaltsames Verfahren, das jedoch ein Stadium des Umsetzungsprozes
ses aufzeigt, das jeder Privatrechtshistoriker zu durchschreiten hat. Im Kapitel „Schuld
recht" werden behandelt: Kauf, Verpfründung, Vertrag zugunsten Dritter, Tausch,
Schenkung, Forderungsabtretung, Miete, Pacht, Leihe, Wiederkauf. Hinterlegung,
Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis, Schuldverschreibung und Leibgeding. „Miete",
..Pacht" und „Leihe" werden römisch rechtlicher Terminologie entsprechend im Obliga
tionenrecht angesiedelt, das „Lehen" ist dagegen im Abschnitt „Sachenrecht" behandelt.
Dort wird ferner eingegangen auf die Übertragung von Grundstücken und dinglichen
Rechten und auf andere Sachen rechtliche Institute wie Grunddienstbarkeit, Nießbrauch
, beschränkt persönliche Dienstbarkeit, Anwartschaft. Im Familienrecht wird
Material ausgebreitet zum Ehegütcr und Familienvertragsrecht sowie zum Pfleg-
schaftsinstitut (auch Jahrzeit-, Seelgerät und Gantmassepflegschaft). Im „Erbrecht"
werden dargestellt: Voraus, Vermächtnis, Nachlaßpflegschaft, Testamentsvollstreckung,
Erbanwartschaft, Erbteilverfügung. Im Abschnitt über „Sicherungsrechte" werden be
schrieben: Bürgschaft, Pfandrecht an beweglichen Sachen, Grundpfandrechte und Siehe
rungsübereignung. Schließlich wird noch die Funktion der Urkunden und der Dorsual-
notizen gewürdigt.

Sauters Arbeit ist im einzelnen so angelegt, daß dem vorausgestellten Rechtsbegriff
heutiger Prägung regestenartig die betreffenden Urkunden folgen, dem sich eine zu
sammenfassende Erörterung anschließt. Im ganzen führt der Verfasser 591 Urkunden
auf. Gegen dieses Verfahren ist an sich nichts einzuwenden, jedoch hätte man gerade
bei den Quellen wenigstens Originalauszüge erwartet. Statt dessen werden aber für das
Thema völlig belanglose Stellen (Siegelung, Zeugen usw.) zitiert. Dies mag seinen
Grund weitgehend darin haben, daß der Verfasser nicht immer aus den Urkunden
selbst gearbeitet hat, sondern sich zum großen Teil auf Regesten stützt. Bedauerlicher
weise setzt daher die Untersuchung oft erst hinter einem unjuristischen Filter ein, was
vor allem für Poinsignons unzuverlässige „Urkunden des Heiliggeistspitals zu Freiburg
im Breisgau" gilt. Vielleicht hat sich der Verfasser damit um entscheidende Erkenntnisse
gebracht, daß er den sprachlichen Befund zu sehr vernachlässigte. Er wäre dann sicher
lieh auf das auch in Freiburg reich vertretene Treuhandinstitut gestoßen, das in der
Arbeit dem Schema des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend überhaupt nicht er
wähnt wird. Das gleiche gilt auch für andere Privatrechtsinstitute, von denen nur die
„Gewere" genannt sei. Andererseits wäre der Verfasser vor ungerechtfertigten Unter
Scheidungen bewahrt geblieben, wie er sie z. B. für die ersten vier Fälle der Sicherungsübereignung
vornimmt (S. 154 ff.).

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