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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1974/0027
Die durch Böcklins Reden verursachte Verstimmung des Kurfürsten Moritz
schien dem König Ferdinand ernst genug, um von Preßburg aus den Landvogt der
Niederlausitz, Graf Schlick, und Otto von Neideck zum Kurfürsten Moritz zu entsenden
, der durch Böcklins Reden sich in der Reise habe irre machen lassen33. Den
beanstandeten Satz in Böcklins Ausführungen: „da Kurfürstliche Gnaden zu kaiserlicher
Majestät kommen werde, so werde in ander weg gegen Eure Kurfürstliche
Gnaden gehandelt" werden, habe Böcklin nicht gesagt, es sei eine französische boshafte
Erfindung. Bei einem Gespräch in Torgau räumte der Kurfürst ein, daß noch
andere Ursachen als die Reden Böcklins ihn von der Reise nach Innsbruck abgehalten
hätten, er müsse, da die Freigabe des Landgrafen von Hessen noch nicht erfolgt
sei, auf den jungen Landgrafen Rücksicht nehmen34. Aber den Hauptgrund für den
Abbruch seiner Reise zum Kaiser verschwieg der vielgewandte Kurfürst: er war,
mit dem französischen König und den deutschen Kriegsfürsten, zum Angriff gegen
den Kaiser entschlossen. Die Karten waren gelegt, das Spiel konnte beginnen.

Es bleibt die Frage, ob Böcklin die ihm vom Kurfürsten Moritz verübelte Äußerung
in Hamburg wirklich gemacht hat. Die inkriminierten Worte, die Böcklin in
dem zum Dienstgebrauch bestimmten „verwarlichen" Bericht aus Hamburg unterstellt
wurden, sind vom sächsischen Rat Damian von Sibottendorf nachträglich hinzugefügt
worden, sie finden sich auch in einem anderen Texte auf einem von Moritz5
Hand geschriebenen Zettel35. Die geheimen Räte des Kurfürsten Kromerstadt und
Miltitz haben den Grafen Schlick bei seinem früheren Besuch in seiner Herberge
aufgesucht und sich von den Handlungsweisen der „eitlen, neuen und einkumligen
Räte" distanziert36. Der Kurfürst und sein Rat Sibottendorf könnten die beanstandete
Äußerung Böcklin unterschoben haben, um einen Vorwand für den Abbruch
der Reise des Kurfürsten zum Kaiser zu finden. Moritz, ein Virtuose des diplomatischen
Spiels, zum Verrat am Kaiser entschlossen, würde dann Böcklin einer zwiespältigen
Äußerung bezichtigt haben, die er selber erfunden hatte.

Böcklin war, nach dem Schreiben des Kaisers, seiner „fliegenden Reden nicht geständig
". Glaubt der Kaiser an die Äußerungen seines Gesandten? Böcklin war
vom Rate in Hamburg „herrlich traktiert" worden. Es wird sich zeigen, daß der
versierte Hofmann „inter pocula" zu Äußerungen neigte, die er in nüchternem Zustand
sicher unterlassen hätte. Gesprächigkeit zur Unzeit blieb seine Achillesferse.
Seine trinkfesten und auf das Aushorchen erpichten Gesprächspartner wußten
diese seine Schwäche zu ihrem Vorteil zu nutzen. Kurfürst Moritz selber hat sich in
eigener Sache nie vor doppelzüngigem Verhalten gescheut. Aber wird er Recht behalten
mit dem Urteil, das er, ein später Zeitgenosse Luthers, in seiner und des
Jahrhunderts bildhafter Sprache über Böcklin abgab: „zwei Breie werden in einem
Topf gekocht, warm und kalt aus einem Munde geredet"? Die Zunkunft wird es
weisen.

33 Druffel II, 1056, 4. III. 1552, bezüglich eines früheren Besuchs von Schlick ebenda 1016.

34 Druffel II, 1112, 13. III. 1552, Torgau.

35 Druffel II, 1000, Anm. a. S. 138.

56 Druffel II, 1016. Graf Schlick an Ferdinand, 25. II. 1552.

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