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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
94/95.1976/77
Seite: 16
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0018
Unterdessen überstürzten sich in St. Petersburg die Ereignisse. Hier hatte das
russische Priorat eine ganze Reihe von Nachrichten erhalten, welche die dortigen
Emigrantenkreise ohne weitere Prüfung der Wahrheit zu einem extremen Schritt
trieben. Am 26. August protestierte das Kapitel in den heftigsten Ausdrücken gegen
den Verrat von Malta, beschuldigte den Großmeister schuldhafter Nachlässigkeit
, erklärte ihn für abgesetzt, und Paul I. wurde gebeten, den Orden als Protektor
zu retten. Der Kaiser nahm diese Bitte natürlich freundlich entgegen und benachrichtigte
auch nach einigen Tagen Rinck von den gefaßten Entschlüssen. In
Heitersheim war man von diesem Vorgehen wenig erbaut, und Rinck beschränkte
sich auf eine höfliche Bestätigung der kaiserlichen Botschaft. Deutlicher sprach Itt-
ner in einem Brief an Pfirt-Blumberg aus, was man wirklich dachte. Ihm schien es,
als hätten sich die »Jüngeren Brüder" von ihrem Temperament hinreißen lassen,
ihr Vorgehen sei wider alle Regeln, denn gegen den Großmeister könne nur ein
Generalkapitel entscheiden. Bis dahin müsse man Hompesch veranlassen, seine
Vollmachten an Rinck zu delegieren. Dieser sei Reichsfürst, das Priorat verfüge
aber über ein ausgezeichnetes Archiv, und vom hiesigen Kapitel seinen keine überstürzten
Beschlüsse zu befürchten. Entsprechend wurde Ferrette beauftragt, diese
Gedanken in Wien vorzutragen. Flaxlanden seinerseits meinte, eine Übernahme
des Großmagisteriums durch Paul I. könne die Rettung des Ordens bedeuten, aber
dann müsse der Kaiser einen katholischen Stellvertreter für alle religiösen Belange
ernennen, denn schließlich handle es sich ja um einen katholischen Orden. So ließ
er sich in einem Brief an den Bailli Litta aus, den Ordensgesandten in Petersburg,
und interessanterweise findet sich eine Kopie dieses Briefes in Hompeschs Papieren.
Dieser dachte nämlich keineswegs an Rücktritt, sondern er hatte inzwischen die Fäden
wieder aufgenommen und einen funktionierenden Nachrichtendienst aufgebaut
.

Von Wien aus warnte Ferrette vor allen übereilten Schritten. Selbst ein äußerst
vorsichtig gehaltenes Schreiben aus Heitersheim an die russischen Confratres, das
von einer Absetzung Hompeschs in absentia abriet, wurde von den Ministern Metternich
und Colloredo mißbilligt. Auch der bayrische Großprior Bretzenheim
meinte gegenüber Rinck, daß man trotz allen Dankes gegenüber Kaiser Paul diesen
nicht als Chef würde anerkennen können.

Um so peinlicher wurde die Lage für Heitersheim, als im Oktober die Nachricht
kam, daß das russische Kapitel tatsächlich Paul I. zum Großmeister ausgerufen
hatte. Damit befand sich der Orden in der paradoxen Lage, einen verheirateten
Schismatiker an seiner Spitze zu haben, der auch sofort ein russisch-orthodoxes
Priorat begründet hatte. Rinck, aufs höchste durch diese illegalen Vorgänge beunruhigt
, versuchte vergeblich, vom Minister Thugut Weisungen zu erhalten. Dieser
schwieg sich aus, denn einerseits lehnte er in Übereinstimmung mit dem Wiener
Hof das russische Vorgehen ab, war aber andererseits gerade dabei, mit Rußland
eine neue Allianz zu schließen. Zudem wurde er durch zahllose Botschaften Hompeschs
bedrängt, den er nicht ausstehen konnte.

In Heitersheim hatten sich unterdessen eine wachsende Zahl von Rittern für den
Zaren-Großmeister erklärt. Die Lage schien sich erst zu klären, als am 10, Februar
1799 Frankreich an Österreich den Krieg erklärte, so daß Kaiser Franz nichts übrig

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