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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1979/0152
Bernhard Diestelkamp, Gibt es eine Freiburger Gründungsurkunde aus dem Jahre 1120?
Ein Beitrag zur vergleichenden Städtegeschichte des Mittelalters sowie zur Diplomatik
hochmittelalterlicher Städteprivilegien, 1973, 80 S.

Das Mittelalter kannte ein häufig verwendetes Sinnbild für das Leben in der Gestalt
des Glücksrades. Auf der linken sich aufwärts drehenden Seite zeigt dies zumeist Kaiser,
Könige oder Fürsten, die bis zur Höhe des Rades aufsteigen, wo sie sich in ihrer Majestät
thronend dem Volke zeigen. Mit der Weiterdrehung des Rades werden sie jedoch beim
Sturz in den Abgrund dargestellt. An dieses Sinnbild fühlt man sich erinnert, wenn man an
die Forschung über das älteste Freiburger Stadtrecht denkt, allerdings nur unter der Voraussetzung
, daß der Verfasser des hier endlich in dieser Zeitschrift zu erwähnenden Buches
mit seinen Ausführungen recht behielte. Als Walter Schlesinger, angeregt durch eine in
Freiburg abgehaltene Forschungstagung des Stadtgeschichtlichen Arbeitskreises des Gesamtvereins
der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, im Jahre 1966 seine Untersuchung
„Das älteste Freiburger Stadtrecht, Uberlieferung und Inhalt" (ZSRG Germ Bd. 83, 1966,
S. 63 116) vorlegte, schien es so, als ob das Hauptproblem gelöst sei. Und zwar weil wie
es dem Historiker allein angemessen ist hier mit einwandfreien hilfswissenschaftlichen
Methoden zunächst die Quellenlage geklärt worden war. Ein die Geschichtswissenschaft
seit vielen Jahrzehnten beschäftigenden Fragenkomplex war damit vom Tisch, mochten
auch Einzelfragen noch zu klären sein. Nur vier Jahre später, ausgerechnet bei der von der
Universität aus Anlaß des 850jährigen Stadtjubiläums veranstalteten Feier, vertrat dagegen
der Frankfurter Rechtshistoriker B. Diestelkamp die Ansicht, daß die von Schlesinger
rekonstruierte älteste Stadtrechtsurkunde Herzog Konrads von Zähringen vom Jahre 1120
in dieser Form garnicht existiert habe, sondern daß es sich um eine Fälschung von etwa 1178
gehandelt haben müsse. Übergehen wir hier die daraus zu ziehende Folgerung, daß die
solche Meinungsäußerung hervorrufende Feier damit als unberechtigt erwiesen worden
wäre. Schwerwiegender ist es, daß Diestelkamp, ohne genügende Beachtung der quellenkritischen
Überlegungen Schlesingers, in die vorwiegend von Rechtshistorikern geübte
Methode zurückfällt. Danach wäre zunächst nicht von der Form sondern vom Inhalt der
inkulpierten Urkunde auszugehen. Für die von Diestelkamp zu diesem Zweck versuchte
Beweisführung ist es daher entscheidend, daß manche der Freiburger Bestimmungen, wie
das heftig umstrittene Pfarrwahlrecht der Marktbewohner, an anderer Stelle erst 20-30
Jahre später vorkommen sollen. Offenbar ist der Verf., wie sein Untertitel „Ein Beitrag
zur vergleichenden Städtegeschichte des Mittelalters" erkennen läßt, sich offenbar allzu
sicher, alle in dieser Hinsicht vorliegenden Quellen durchgearbeitet zu haben, bzw. nimmt
er an, daß dies von der von ihm vertretenen Disziplin geschehen sei! Mir scheint es aber,
daß dies kaum der Fall ist. Deshalb müßte man also, wollte man auf Diestelkamps Einwände
eingehen, die gesamten stadtgeschichtlichen Probleme des 11. und 12. Jahrhunderts
nicht nur aufrollen sondern aufgrund einer umfassenden Quellendurchsicht erneut untersuchen
. Daß eine solche Aufgabe an dieser Stelle nicht gelöst werden kann versteht sich von
selbst. Sie würde im übrigen sicherlich nicht vergeblich sein, wie mir so gut wie sicher zu sein
scheint. Denn es gibt vor allem auch in der erzählenden Chronistik und auch sonst — noch
zahlreiche Nachrichten, welche bisher von der Stadtgeschichtsforschung nur sehr unvollständig
ausgewertet worden sind. Dies sei nur an dem immer wieder als Gegenbeweis
herangezogenen Pfarrwahlrecht demonstriert. Selbst dörfliche Gemeinden des Oberrheinraumes
besaßen nämlich offenbar schon im 12. Jahrhundert, und wahrscheinlich schon
früher, Patronatsrechte über dörfliche Kirchen. Als Beispiel sei das bisher von der Forschung
übersehene Dauendorf bei Hagenau im Elsaß angeführt. Hier erlangten zwischen
1141 und 1160 die dortigen Pfarrgenossen bei einer bischöflichen Synode gegen die An-

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