Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 107
(PDF, 45 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0109
Vom Wahrheitsgehalt Elztäler Volkssagen

Von

Hermann Rambach

Es gab einmal eine Zeit, in der sich die Menschen etwas zu sagen hatten. Sie
rückt immer weiter von uns ab und scheint sich bald in traumhafter Ferne zu verlieren
. Was haben hingegen die Menschen der Gegenwart einander noch zu
sagen? Wenig genug. Sie kommen nicht mehr dazu. Die Massenmedien sorgen
dafür, daß tagtäglich um uns herum gerade soviel — und nicht mehr — geschieht
, als es hinreicht, die Spalten einer Tageszeitung zu füllen. Über Funk und
Fernsehen erfahren wir manche Neuigkeit noch früher als aus der Presse. In
einem förmlichen Wettlauf werden uns Nachrichten zugetragen. Wir werden mit
Wissenswertem, aber auch -unwertem, gefüttert, und dies oft bis zum Überdruß.
Zeit und Muße, sich von Mensch zu Mensch darüber auszusprechen, was ist und
was einmal war oder noch werden wird, bleibt uns kaum noch. Zu später Stunde
versuchen wir im Schlaf Ruhe vor dem zu finden, was den Tag über auf uns eingedrungen
ist, um bald nach dem Erwachen die gleiche Prozedur erneut über uns
ergehen zu lassen.

Damals, als es all dieses noch nicht gab, wurden im Kreis der Familie und der
Freunde die Tagesgeschehnisse von Mund zu Mund weiter gegeben. In diesen
unterhaltsamen Gesprächen blieb es nicht bei den Nachrichten des Augenblicks
allein. Bald kramte der eine oder andere in den Erinnerungen aus fernen Jahren.
Aus dem Dunkel der Vergangenheit tauchten Geschichten auf, die schon zum Erzählgut
der Großeltern zählten. Mitunter waren es recht gruselige Geschichten,
die da aufgetischt wurden, Geschichten von räuberischen Rittern und von schädlichen
Unholdinnen. Gespannt folgten die Zuhörer den Worten. Je näher der
Uhrzeiger auf die Mitternachtsstunde vorrückte, desto bleicher wurden die Gesichter
, denn unsichtbar schwebten die Geister unerlöster Seelen durch die Stube.
Manch einer konnte dabei das Gruseln lernen.

Da erzählte einer dem anderen altersgraue Geschichten. Dabei fügte er als Produkte
eigener Phantasie dies und jenes hinzu. Ein anderer glaubte für ihn Unwesentliches
weglassen zu müssen. So kam eine bunte Mischung von Dichtung
und Wahrheit zusammen, bei der niemand mehr recht zu unterscheiden vermochte,
wie das Geschehen nun sich in der Wirklichkeit zugetragen hatte. Die Sage war
geboren. Von Generation zu Generation lebte sie weiter und dies, solange es noch
Menschen gab, die sich etwas zu sagen hatten. Leider ist das schon eine Weile
her.

Ein Glück! Zeitig genug fanden sich schreibgewandte Leute, die diese Geschichten
zu Papier brachten und sie so der sicheren Vergessenheit entzogen.
Heinrich Schreiber, Julius Leichtlen, Bernhard Baader und Johannes Künzig ge-

107


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0109