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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 84
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Schlettwein, Springer und andere zu nennen sind. Ganz besonders aber muß
Markgraf Carl Friedrich sowohl zu den allerfrühesten als auch zu den hervorragendsten
Schülern dieser neuen volkswirtschaftlichen Lehre gezählt werden, mit
deren Schriften er sich schon während seiner Studienzeit an der evangelischen
Akademie in Lausanne beschäftigte. Sein Wissen konnte er bei wiederholten Aufenthalten
in Paris vertiefen und vervollständigen. Das von Carl Friedrich in französischer
Sprache verfaßte und in Paris veröffentlichte Lehrbuch „Abrege des
principes de l'economie politique"29 — und vor allem die Berufung Johann
August Schlettweins im Jahre 1763 an den Karlsruher Hof weisen zur Genüge aus,
daß der Markgraf im physiokratischen System die eigentlichen Maximen ökonomischer
Staatsführung erblickte. Nicht nur mit der Theorie befaßt, auch mit praktischer
Erfahrung ausgestattet, durch persönliche Inspektionen und Besichtigungen
während seiner Fahrten durch die markgräflichen Lande in ständigem Kontakt
mit der Landbevölkerung, setzte Carl Friedrich seine Ideen in die Tat um. Er
besuchte die Bauerndörfer und -häuser und verschmähte auch eine Schüssel Dickmilch
nicht, wenn sie ihm vorgesetzt wurde. Einem Bauern, der sich bei der Feldbestellung
gar zu ungeschickt anstellte, nahm er persönlich den Pflug aus der
Hand und zeigte ihm, wie man gerade Ackerfurchen zuwege bringt.

Die Verbesserung der Lage des Bauernstandes entsprang der persönlichen Verpflichtung
des Markgrafen zur Hebung der allgemeinen Wohlfahrt seiner Untertanen
. So kam die Aufhebung der Leibeigenschaft auch nicht plötzlich, etwa als
eine über Nacht bekundete Laune von Serenissimus. Sie hatte ihren eigenen Reife-
und Entwicklungsprozeß, dessen Anfänge zeitlich in den frühen Regierungsjähren
Carl Friedrichs anzusetzen sind. 1751, nur wenige Jahre nach seinem Regierungsantritt
, erklärte der junge Markgraf unter dem Eindruck der Suppliken von Auswanderungswilligen
, daß er die Taxe für die Manumission auf zwei Prozent beschränken
wolle. Die ausgefuchsten Räte der Rentkammer haben ihm dieses Vorhaben
damals noch ausreden können. Insoweit hat er sich jedoch schon durchgesetzt
, daß im Baden-Durlachischen der Abzugspfundszoll ganz aufgehoben und
der Abzug von zehn auf fünf Prozent ermäßigt wurde.30 Ohne dem Markgrafen
gegenüber jemals das Wort von der Aufhebung der Leibeigenschaft zu gebrauchen
, arbeitete der einflußreiche Kammerrat Schlettwein nach seiner Berufung mit
Denkschriften an die Rentkammer auf die Abschaffung solcher Abgaben hin, die
mit der Leibeigenschaft verbunden waren. Er legte überzeugend dar, daß diese
Abgaben das Grundvermögen der Bauern verringerten, weil sie nicht aus dem
Ertrag zu erwirtschaften waren.31 Der Anfall der baden-baden'schen Gebiete 1771
mit einer vorwiegend katholischen Bevölkerung und die Verwaltung eines um das
Doppelte vergrößerte Territoriums ließen bei Carl Friedrich die Pläne um die Aufhebung
der Leibeigenschaft zunächst etwas in den Hintergrund treten. Erst um
1777 nahm er sie wieder zielstrebig auf. Mit seinem vertrauten Rat, dem Freiherrn
von Edelsheim, erörterte er die Angelegenheit mehr und mehr.32 Im Sommer 1781
wies Edelsheim die Rentkammer an, von allen Ämtern die Einkünfte und Gebühren
der letzten zehn Jahre aus den Leibeigenschaftsabgaben zu ermitteln und den
zehnten Teil als Jahresdurchschnitt zu errechnen. Es ging ihm darum, den finanziellen
Ausfall pro Jahr zu berechnen, den der Staatsfiskus bei Aufhebung der

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