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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 102
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0104
ein herrlicher Spaziergang, der sogenannte Fürsten wall, breit, mit Bäumen und
Ruhebänken und sehr schönen Aussichten. Dann ging ich hinab an die Elbbrücke,
über welche gerade eine unzählige Menge Gehender und Fahrender in die Stadt
zurückkehrten. Die Aussichten sind von dieser Brücke nicht so lieblich wie von
der Dresdner, aber doch sehr reizend. Ich glaube, das viele Kriegerische ist schuld,
daß mir Magdeburg nicht so ganz gefiel. Auf dem Stadtmarkte sah ich das Rathaus
und Ottos I. Standbild zu Pferde, ein sehr altes Werk. Während noch die
Abendsonne am Himmel war, besuchte ich den berühmten Dom, welcher seinen
Ruf mehr wegen der äußeren Vorderseite verdient als sonst seiner Schönheit wegen
. So herrliches aber habe ich noch gar nicht gesehen wie diese Vorderseite mit
ihrem Schnitzwerk und ihren Bildern. Merkwürdig ist innen der Taufstein und
einiges Altertum aus dem Schwedenkriege, der für die Stadt so verderblich war
(1631 wurde Magdeburg durch das kaiserliche Heer unter Tilly und Pappenheim
zerstört und geplündert, Anm. d. Verf.). Gern hätte ich den Turm bestiegen, aber
ohne Erlaubnis des Befehlshabers der Stadt kann es nicht geschehen.

Samstag früh fuhr ich mit einem Mediziner aus Berlin Braunschweig zu. Das
hübsche Wetter schläferte uns bald ein und da wir einige Stunden nichts sahen als
schlechte Heerstraße und die preußischen Zollhäuser, so schliefen wir ziemlich
lange miteinander um die Wette und erwachten endlich wieder, da der Wagen in
dem schlechten Wege mehrere Fährlichkeiten zu bestehen hatte. Ohne etwas zu genießen
als einige Buttersemmeln, kamen wir abends um fünf Uhr über die Städte
Egeln, Kroppenstädt und Groningen nach Halberstadt, das
sich uns beim Hinfahren hübscher zeigte als in der Nähe. Angenehm machen es
die ringsherum gehenden Spaziergänge des Walls. Wir traten einen sehr besuchten
Weg an auf die sogenannten Spiegelberge, einem Vergnügungsorte mit einer Art
Schloß, einem großen Faß von 16 Fuß Durchmesser, einem alten Wartturme mit
schöner Aussicht auf den nahen Harz und einige benachbarte Burgen. Dies war
seit dem 18. Oktober des vorigen Jahres der erste Berg, den ich bestieg, und es gefiel
mir sehr wohl. Die Stadt selbst ist alt, unregelmäßig gebaut und hat mehrere
ziemlich alte Kirchen. Märtens, Verfasser des „Theophanes" und des Schriftchens
über den Pietismus, ist hier Superintendent. Nach dem Lustgange in der Umgegend
und durch die Stadt kehrte ich wieder in den Gasthof zurück. Als ich mich entkleidete
und mein Ränzel öffnete, um andere Wäsche herauszunehmen, bemerkte
ich bald mit Bestürzung, daß die Brieftasche, welche meine Barschaft in Papiergelde
enthielt, verschwunden war. Ich war ziemlich müde und nachdem ich alles
sorgfältig durchsucht und nichts gefunden hatte, vielmehr mir einfiel, sie in Magdeburg
unter das Kopfkissen gelegt und nicht mehr weggenommen zu haben, legte
ich mich getrost zu Bette. Morgens eröffnete ich meinem Gefährten den Unfall
und meinen Entschluß, wieder umzukehren. Er bedauerte mich und wünschte
glückliches Wiederfinden. So wanderte ich mit ganz anderen Aussichten wieder
nach Magdeburg zurück, als ich es tags zuvor verlassen hatte. Jetzt erst fing ich
an, meinen Verlust und alle Fälle, welche ihn möglicherweise begleiten konnten,
mir recht auszumalen. Das Härteste schien, wenn das Geld in unredliche Hände
gefallen wäre. Dann wollte ich schnell nach Halle umkehren, um von dort wieder
um Geld zu schreiben. Erhielt ich die Brieftasche wieder, so war doch das Geld,

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