Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 108
(PDF, 32 MB)
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deutlich, da er neue Maßstäbe setzte — innerhalb und außerhalb der Universität
Freiburg: Der Eintritt in die NSDAP am 1. Mai 1933, dem nationalen Feiertag der
Volksgemeinschaft, war spektakulär in vielerlei Hinsicht. Selbstverständlich spielte
die Partei diese neue Mitgliedschaft hoch verständlich ist auch, daß Martin Heidegger
nach 1945 in vielen Versionen diesen Schritt zu relativieren suchte, ja bis zur
„Formsache" reduzieren wollte.2 Der „Alemanne" jubelte am 3. Mai: „Wir wissen
, daß Martin Heidegger in seinem hohen Verantwortungsbewußtsein, in seiner
Sorge um das Schicksal und die Zukunft des deutschen Menschen mitten im Herzen
unserer herrlichen Bewegung stand, wir wissen auch, daß er aus seiner deutschen
Gesinnung niemals ein Hehl machte und daß er seit Jahren die Partei Adolf Hitlers
in ihrem schweren Ringen um Sein und Macht aufs wirksamste unterstützte, daß er
stets bereit war, für Deutschlands heilige Sache Opfer zu bringen, und daß ein Nationalsozialist
niemals vergebens bei ihm anpochte." Hat Martin Heidegger dieser
Deutung je wiedersprochen oder sie modifiziert, etwa auch die Anspielung „Sein
und Macht" auf sein Hauptwerk? Dem Karlsruher Hochschulreferenten Prof.
Fehrle jedenfalls, der ihm zum Eintritt in die Partei gratuliert hatte, schrieb er Anfang
Mai 1933: „Es gilt die Welt der Gebildeten und Gelehrten für die neuen nationalpolitischen
Ziele und Ideen zu gewinnen. Es wird ein schwerer Waffengang werden
." 3 Eine derartige Formulierung muß dann im Kontext zu vielen ähnlichen und
noch deutlicheren Äußerungen gesehen werden, auf die gelegentlich zurückgegriffen
werden muß. So fügt sich beispielsweise in solches Denken nahtlos das Telegramm
des Rektors an den Reichsstatthalter Robert Wagner aus den ersten Maitagen
1933 ein: „Hocherfreut über die Ernennung zum Reichsstatthalter, grüßt den
Führer der heimatlichen Grenzmark mit einem kampfverbundenen Sieg Heil der
Rektor der Universität Freiburg im Breisgau gez. Heidegger."4 Das Mitglied der
NSDAP Martin Heidegger war nicht irgendeine Nummer, genau die Nummer
31258945, sondern der Prominentesten einer. Er hatte sich bewußt in diese Kampfgemeinschaft
eingereiht und sie nicht verlassen, wie sehr er sich auch später in eine
innere Distanz begeben haben mochte.6 In diesem Zusammenhang kann auf die
viel erörterte Frage der Affinität von Heideggers Philosophie zur Welt- und Staatsauffassung
des Nationalsozialismus nicht eingegangen werden, da unsere Aufgabe
viel bescheidener ist; es sei freilich ein Diktum von Karl Jaspers aus dem Gutachten
vom 22. 12. 1945 angeführt: „Heidegger ist eine bedeutende Potenz, nicht durch
den Gehalt einer philosophischen Weltanschauung, aber in der Handhabung spekulativer
Werkzeuge. Er hat ein philosophisches Organ, dessen Wahrnehmungen interessant
sind, obgleich er meines Erachtens ungewöhnlich kritiklos ist und der eigentlichen
Wissenschaft fern steht. Er wirkt manchmal, als ob sich der Ernst des
Nihilismus verbände mit der Mystagogie eines Zauberers. Im Strom seiner Sprachlichkeit
vermag er gelegentlich den Nerv des Philosophierens auf eine verborgene
und großartige Weise zu treffen. Hier ist er unter den zeitgenössischen Philosophen
Deutschlands, soweit ich sehe, vielleicht der einzige. Aber seine Sprachweise und
seine Handlungen haben eine gewisse Verwandtschaft mit nationalsozialistischen
Erscheinungen, die seinen Irrtum begreiflich machen."7

Für die Universität Freiburg profilierte sich der Rektor als Führer-Rektor, der
mit den noch geltenden Verfassungsorganen nicht viel im Sinne hatte. So dachte er

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