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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 110
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0112
auch Teile der Rektoratsrede) in den Organen der Deutschen Studentenschaft veröffentlicht
werden.15 Indes: Der Herbst 1933 sollte auch im Führungsstab der
Deutschen Studentenschaft personelle Veränderungen bringen, wodurch dort der
letzte Rest von national- und sozialrevolutionärem Gedankengut in der Deutschen
Studentenschaft beseitigt wurde und die endgültige Gleichschaltung erfolgte.

Neben diesem Aktionsfeld „Deutsche Studentenschaft44 griff der Freiburger
Rektor in den ersten Wochen seiner Amtsführung auf eine andere zentrale Ebene
aus: Verband der deutschen Hochschulen und Rektorenkonferenz. In Freiburg
herrschte unter den wenigen Eingeweihten helle Empörung, als bekannt wurde, daß
Martin Heidegger am 20. Mai an den Reichskanzler Adolf Hitler folgendes Telegramm
gerichtet hatte: ,,Ich bitte ergebenst um Verschiebung des geplanten Empfanges
des Vorstandes des Verbandes der deutschen Hochschulen bis zu dem Zeitpunkt
, in dem die Leitung des Hochschulverbandes im Sinne der gerade hier besonders
notwendigen Gleichschaltung vollzogen ist.4416 Damit war Heidegger auf die
Reichsebene gegangen, die er als das eigentliche Aktionsfeld ausersehen hatte. Der
Hochschulverband war damals — im Unterschied zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
— der korporative Zusammenschluß der deutschen Hochschulen, der vor allem
die sozialpolitischen und standespolitischen Fragen der Hochschullehrer vertrat
, gewissermaßen ein Gremium neben der Rektorenkonferenz. An der Spitze
stand damals noch ein katholischer Theologe der Bonner Universität. Diese duale
Struktur sollte, zumal sie an parlamentarisches System erinnerte, so plante Heidegger
, zugunsten der einheitlichen, nach dem Führerprinzip zu gestaltenden Rektorenkonferenz
überwunden werden. Kein Wort freilich ist darüber in „Tatsachen
und Gedanken" zu lesen, wiewohl gerade dieses Telegramm 1945 bei der politischen
Reinigung einen sehr hohen Stellenwert hatte und Martin Heidegger eine
apologetische Interpretation formuliert hatte (in einem Brief an den Vorsitzenden
des politischen Reinigungsausschusses). 17 Damals schrieb er: ,,Wenn in dem Telegramm
von Gleichschaltung die Rede ist, so habe ich das Wort in dem Sinne gemeint
, in dem ich auch den Namen Nationalsozialismus verstand. Es war nicht und
nie meine Absicht, die Universität an die Parteidoktrin auszuliefern, sondern umgekehrt
zu versuchen, innerhalb des Nationalsozialismus und in bezug auf diesen
eine geistige Wandlung in Gang zu bringen. Es entspricht nicht den Tatsachen, zu
behaupten, der Nationalsozialismus und die Partei hätten keine geistige Zielsetzung
hinsichtlich der Universität und des Wissenschaftsbegriffes gehabt. Sie hatten sie
nur zu entschieden und beriefen sich auf Nietzsche, nach dessen Lehre die ,Wahr-
heit' nicht einen eigenen Grund- und Sachgehalt hat, sondern nur ein Mittel des
Willens zur Macht ist, d.h. eine bloße ,Idee\ d.h. eine subjektive Vorstellung. Und
das Groteske war und ist ja doch, daß dieser ,politische' Wissenschaftsbegriff im
Prinzip mit der ,Idee' und ,Ideologie'-Lehre des Marxismus und Kommunismus
übereinstimmt. Und dagegen ist meine am 23. Mai (sie!) drei Tage nach der Absen -
dung des Telegramms gehaltene Rektoratsrede ganz eindeutig und ausdrücklich gerichtet
." Es kann an dieser Stelle auf die Begrifflichkeit Martin Heideggers hinsichtlich
„Nationalsozialismus" und „Gleichschaltung" nicht eingegangen werden;
nur soviel sei gesagt: Was Gleichschaltung im Mai 1933 bedeutete, bedurfte damals
keiner näheren Erläuterung.

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