Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 115
(PDF, 32 MB)
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heres bekannt zu sein. Ihre Klage stützt sich auf die Erzählung eines mir unbekannten
Herrn. Bei dieser Sachlage vermag ich mir zunächst kein eindeutiges Urteil über
die Dinge zu bilden. So wichtig das Vorbringen von Bedenken bleibt, so wünsche
ich doch, daß zur »Verwirklichung des Dritten Reiches' künftig auch positiv fördernde
Vorschläge an mich gelangen. Ich werde bei den abschließenden Besprechungen
über das erste Geländelager in Löf fingen Ihren Brief vorlegen.4 4 Kernpunkt
war also die „Verwirklichung des Dritten Reiches4 4. Dem Freiburger Rektor
wurde, sobald das SA-Hochschulamt an der Universität eingerichtet war und sein
Führer zum ständigen Mitglied des Senats bestellt werden mußte, überdeutlich vor
Augen demonstriert, daß die Führung nicht mehr bei ihm, sondern bei der hierarchisch
gegliederten Studenten-SA liege. Ob Martin Heidegger auf dem ersten
Reichsführer-Schulungslager der Deutschen Studentenschaft auf Schloß Salem
kurz vor Weihnachten 1933 den angekündigten Vortrag über ,,Die Hochschule als
politische Erziehungsgemeinschaft4 4 gehalten hat, weiß ich nicht. Immerhin hat just
in diesen Tagen die Machtprobe zwischen ihm und dem Freiburger SA-Führer der
Studentenschaft begonnen, in deren Verlauf Heidegger mit hoher Wahrscheinlichkeit
ein wichtiges Element seiner eigenen Resignation in der Führung der Freiburger
Universität gefunden hat.31 Es kann gefragt werden: Hatte nicht die Warnung von
Großmann-Doerth die Wahrheit für sich? Und war Heidegger nicht in einem
Traum befangen? „Tatsachen und Gedanken44 indes verhüllen diese Zusammenhänge
bzw. setzen Akzente, die so in den Akten nicht gefunden werden können.
Die Rechtfertigungsschrift vermittelt aus der Erinnerung des Philosophen ein Bild,
das, soviel kann ich jetzt schon sagen, zu viele subjektive Züge birgt und einer objektiven
Nachprüfung mit Hilfe der historischen Methode in vielen Punkten nicht
standhält. Z.B. wird dort behauptet, daß „Kreise der Universität, die gegen alles,
was nach Nationalsozialismus aussah, empört waren44 sich nicht scheuten, „mit
dem Ministerium und der es bestimmenden Gruppe zu konspirieren44, natürlich mit
dem erklärten Ziel, ihn aus dem Amt hinauszudrängen. Heidegger meint vor allem
die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät, in deren Reihen einige sehr profilierte
Gegner Heideggers — und zwar von Anfang an — sich befanden: auf Walter
Eucken wurde schon hingewiesen, Großmann-Doerth hatte starke Vorbehalte, des
weiteren sind Freiherr von Bieberstein und Freiherr von Schwerin zu erwähnen.
Doch alle diese Genannten haben nie und nimmer mit den Karlsruher Stellen in irgendeiner
Weise, gar konspirativ, zusammengearbeitet, um Heidegger zu stürzen.
Eines freilich trifft zu: Die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät gab das
Übungsfeld schlechthin ab für die noch immer zu leistende innere Universitätsreform
, die Martin Heidegger ins Werk zu setzen hatte. Eine zentrale Rolle sollte der
junge Strafrechtslehrer Erik Wolf spielen, den Martin Heidegger am 1. 10. 1933
zum Dekan ernannt hatte, und der in der Funktion eines Zugpferdes die Hochschulreform
durchziehen sollte.32 Es war der Erik Wolf, der in dieser ersten Zeit
des Dritten Reiches in eine schwere Verirrung und Verstrickung sich begeben hatte,
aus der er sich später unter seelischen Qualen befreite. Noch zu Ende des Sommersemesters
wurde auf der letzten Senatssitzung eine offene und harte Auseinandersetzung
zwischen Eucken und Wolf geführt, die Eucken eine Frontalattacke in der
Freiburger Studentenzeitung eintrug. Für solche Professoren sei in der neuen Zeit

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