Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 119
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0121
Weber bekannt gemacht wurde, zum Bruch zwischen den beiden Philosophen.40
Heidegger schrieb damals nach Göttingen: „Nachdem Baumgarten bei mir gescheitert
war, verkehrte er sehr lebhaft mit dem früher in Göttingen tätig gewesenen und
nunmehr hier entlassenen Juden Fränkel. Ich vermute, daß Baumgarten sich auf
diesem Weg in Göttingen untergebracht hat, woraus sich auch seine jetzigen dortigen
Beziehungen erklären mögen. Ich halte zur Zeit seine Aufnahme in die SA für
ebenso unmöglich wie die in die Dozentenschaft. Dieses Urteil bezieht sich auf meine
Kenntnis vor zwei Jahren. Ob eine wirkliche Wandlung seiner politischen Haltung
inzwischen sich vorbereitet hat, entzieht sich meiner Beurteilung."41 Zugegebenermaßen
ist die Überlieferung dieses Gutachtens insofern kompliziert, da der
originale Bestand des NS-Dozentenbundes in Göttingen vernichtet worden ist und
wir auf die von Baumgarten (noch vor 1935) vorgenommene Abschrift verwiesen
sind. An dieser Stelle sei ausnahmsweise einmal auf die veröffentlichte Meinung
unserer Tage eingegangen. So hat Jürgen Busche — promovierter Althistoriker -
in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 30. April 1983 im Zusammenhang
mit einer ausführlichen Besprechung der unseren Studien zugrunde liegenden Heidegger
-Veröffentlichung von 1983 auch den Komplex „Eduard Baumgarten'* ins
Visier genommen und ein vernichtendes Verdikt geschrieben, unterstellend, dieses
Gutachten sei aufgrund der Über lieferungsgeschichte unglaubwürdig. Man liest
dort: „Nach dieser Abschrift — ,Baumgarten selbst hatte sie im Büro des Dozentenführers
vorgenommen* — soll Heidegger mit abschätzigen Bemerkungen über
Baumgartens Kontakte zu Juden eine negative Beurteilung angereichert haben und
somit für Baumgartens Diffamierung als ,Judengenosse" mitverantwortlich sein.
Es gibt noch absurdere Vorwürfe. Sie alle leiden unter einem empfindlichen Mangel
: sie sind nicht dokumentiert. Das Fehlen von Beweisen ist nicht nur vielsagend
angesichts der Jahrzehnte einer von Haß und Hilflosigkeit gegen den großen Denker
angetriebenen Suche nach irgendwelchen Dokumenten, es ist noch mehr beeindruckendes
Zeugnis ex silentio, wenn man sich vor Augen hält, daß es zum nationalsozialistischen
Wahn in Deutschland gehörte, alles und jedes, und sei es das geringste
, schriftlich festzuhalten (in mehrfacher Ausfertigung) und nichts, aber auch
gar nichts von Mitläufern oder Verstrickung dem Vergessenwerden zu überlassen."
Es geht also um den angeblichen Mangel an Dokumentation.

Eduard Fränkel jedenfalls, geboren 1888, der hochangesehene klassische Philologe
, der 1931 von Göttingen nach Freiburg berufen worden war, war am 21. Oktober
1933 mit Wirkung 1. 3. 1934 in den Ruhestand versetzt worden, obwohl die
Philosophische Fakultät Freiburg sich sehr positiv für ihn ausgesprochen hatte und
alles daran gesetzt hatte, die Ausnahmebestimmungen des Reichsgesetzes zur Wiederherstellung
des Berufsbeamtentums (GWB)42 auf den Ordinarius zur Anwendung
zu bringen und obwohl sich der Rektor selbst in einem sehr eindrucksvollen
Schreiben an das Kultusministerium (12. Juli 1933) für das Verbleiben Fränkels eingesetzt
hatte (worauf noch zurückzukommen sein wird) — vergeblich. Ich bin damit
, zu dem nicht leichten und vor allem umfangreichen Komplex des GWB in seiner
Anwendung innerhalb der Universität Freiburg gelangt, den ich in diesem Zusammenhang
nur andeutungsweise umreißen kann — eine ausführlichere Darstellung
möchte ich mir vorbehalten.

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