Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 122
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0124
Hevesy. Seine Persönlichkeit ist untadelig, seine Haltung gerade in den vergangenen
Monaten der vorläufigen Beurlaubung vorbildlich. Dazu kommt, daß sein Forschungsgebiet
und demnach auch das Hauptgewicht seiner Lehrtätigkeit weniger
die inhaltlichen Wesensfragen der antiken Welt betreffen, sondern eher in eine bestimmte
Richtung der sprachwissenschaftlichen Forschung weisen. Wenn Fränkel
in der Fakultät verbleibt, und er muß es, wenn Herr von Hevesy bleibt, ist einerseits
das internationale Ansehen unserer Wissenschaft gewahrt und andererseits
doch für die Universität in keiner Weise ein Gefahrenmoment geschaffen, etwa im
Sinne einer Gegenwirkung oder auch nur gleichgültigen Haltung gegenüber dem
neuen Reich und seinen Aufgaben.

Meines Erachtens sind in diesen Fällen die Vorbedingungen der besonderen Bewährung
in ganz ausnehmendem Maße erfüllt. Ich betone: bei meiner Stellungnahme
geht es um ein Doppeltes. Einmal um die Rücksichtnahme auf die außenpolitische
Stellung Deutschlands und sodann um die Erhaltung ungewöhnlicher geistiger
Kräfte im Dienste der Universität, nicht aber um die Person der genannten Gelehrten
. Für ein untadeliges Verhalten beider kann ich, soweit das menschliche Urteil
reicht, einstehen." 50 Vieles wäre jetzt interpretierend zu diesem zentralen Stück des
Rektors Martin Heidegger anzuführen: taktischer Stellenwert, Einsatz für weltberühmte
Gelehrte, Verhinderung des geistigen Ausblutens der Freiburger Universität
, die Vorstellung vom edlen und hochwertigen Juden und dgl. mehr. Heidegger
einen platten Antisemitismus vorzuwerfen, wie immer wieder geschieht, ist völlig
unzutreffend. Er urteilte, zumindest in diesen beiden Fällen, nach Kriterien der
Qualität und charakterliche Stärke, freilich den außenpolitischen Aspekt besonders
betonend.

Warum das Ministerium schließlich den einen, Georg von Hevesy, im Amt beließ
, den anderen, Eduard Fränkel, entließ, kann vorerst nicht entschieden werden:
vielleicht aus utilitaristischen Gründen — von Hevesy hatte in den Jahren der Weltwirtschaftskrise
viel ausländisches Geld eingeworben, z.B. von der Rockefeller-
Foundation allein den damals gewaltigen Betrag von US-$ 25 000; überdies galt er
als die Kapazität schlechtin auf dem Gebiet der physikalischen Chemie, wichtig für
den wirtschaftlichen Aufstieg des auf Autarkie bedachten nationalsozialistischen
Deutschland.

Bei Eduard Fränkel nützte die Intervention nichts. Dieser hatte sich als Kriegsfreiwilliger
gemeldet, wurde aber wegen Verkrüppelung des linken Unterarms nicht
eingezogen; 1912 bereits hatte er promoviert und das erste Staatsexamen abgelegt.
Es half nichts: Eduard Fränkel wurde mit Schreiben vom 15. Juli 1933 zum 21. 10.
1933 vorläufig, dann endgültig zum 1.3. 1934 in den Ruhestand versetzt.51

Ähnlich wurde in der Angelegenheit des hochangesehenen Direktors der Medizinischen
Universitätsklinik, Siegfried Thannhausers, verfahren, der, wie das Kultusministerium
am 30. Juni 1933 an die Universität Freiburg schrieb, ,,im Weltkrieg
bei der fechtenden Truppe an Gefechten teilgenommen hat", weswegen eine Versetzung
in den Ruhestand nicht in Frage komme. Auch Fritz Pringsheim war
Frontkämpfer und durfte vorerst bleiben. Es wurde bei diesen Säuberungen also
überwiegend nach dem Gesetz verfahren. Die Universitäten hatten das hinzunehmen
, auch der Rektor Martin Heidegger, der nicht verhindern konnte, daß z.B. die

122


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0124