Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 136
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0138
nisteriums vom 23. Dezember 1933, das über den Reichsinnenminister den Vorsitzenden
der Fuldaer Bischofskonferenz erreichte: Darin wurde die „Zurücksetzung
nationalsozialistischer Jugendlicher durch katholische Geistliche" im Erzbistum
Freiburg beanstandet und Abhilfe durch die kirchlichen Instanzen gefordert; die
planmäßige Bekämpfung und Verfolgung der christlichen Jugendgruppen ließen
die Beschwerdeführer selbstverständlich unerwähnt18.

Das Gespräch zwischen Reichsstatthalter und Oberregierungsrat über Angelegenheiten
der Hitlerjugend, zu einem für die Jugendpolitik von Staat und Partei
nicht unkritischen Zeitpunkt, scheiterte wegen eines „Formfehlers". Weil er den
Anrufer nicht erkannte, verhielt sich Wohleb „falsch", machte er sich in den
Augen Wagners einer „Ausflucht vor der Verantwortung" schuldig, die, so das
Ersuchen an den Kultusminister, mit sofortiger Beurlaubung und der Einleitung
des „geeigneten Verfahrens" zu ahnden war19. Da Wohlebs eigene Schilderung des
Vorfalls glaubwürdig klingt (Dokument 1) und später überdies von Kultusminister
Wacker bestätigt wurde (Dokument 4), liegt die Vermutung nahe, daß der Reichsstatthalter
, der als oberster Machthaber Badens auf seine personalpolitische Prärogative
größten Wert legte20, die Gelegenheit benützte, um, durch ein im totalitären
System übliches „Vorgehen gegen den politisch Andersgläubigen"21, seinen
eigenen Beitrag zur noch nicht abgeschlossenen „Gleichschaltung" der Kultusverwaltung
zu leisten. Wohleb erkannte sogleich, in welche bedrohliche Situation er
geraten war. Eine Bitte des Freiburger Historikers Professor Gerhard Ritter um
Unterstützung für einen Schulreformplan beantwortete er aus Gründen, über die
er „vorläufig noch nichts" sagen dürfe, mit der lapidaren Bemerkung, seine im
Augenblick eigenartige Lage verbiete ihm jede Stellungnahme22.

IV

Sobald aus dem Beamten Leo Wohleb ein politischer „Fall" geworden war, erfolgte
die weitere Behandlung der Angelegenheit nicht allein durch die staatlichen
Organe. Rasch bemächtigten sich ihrer auch interessierte Parteikreise, wobei allem
Anschein nach verschiedene teils ältere, teils neuere Informationskanäle zwischen
der Landeshauptstadt Karlsruhe und Donaueschingen eine Rolle spielten; denn der
Entschluß des Kultusministeriums, Wohleb wieder das Amt des Gymnasiumsdirektors
in Donaueschingen zu übertragen, wurde auf der Baar schnell bekannt,
sowohl bei den örtlichen Nationalsozialisten wie auch, zu ihrem Ärger, bei offensichtlich
oppositionellen Kräften in der Stadt23. Während der bisherige Oberregierungsrat
selbst, wie angesichts seiner „eigenartigen" Situation nicht anders zu erwarten
, von der weiteren Klärung seines Falles ausgeschlossen blieb, setzte die Donaueschinger
NS-Organisation mit dem Kreisleiter Eberhard Sedelmeyer an der
Spitze sofort alle Hebel in Bewegung, um die Absicht des Kultusministeriums zu
vereiteln; ein Sympathisant des Zentrums sollte nämlich nach ihrem Verständnis
in der früheren Hochburg des politischen Katholizismus keine neue Wirkungsstätte
finden24. Das Vorgehen der lokalen Parteigrößen beruhte dabei auf verschiedenartigen
Motiven: Es gab die sog. „Konjunkturritter", die aus den Schwierigkeiten
eines Berufskollegen persönlich profitieren wollten, und es wirkten wieder — wie

136


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0138