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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 137
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schon bei Reichsstatthalter Wagner — sachfremde, vorwiegend machtpolitische
Aspekte auf öffentliche Dienstverhältnisse ein. Für den Hitler-Staat ebenso typisch
waren die angewandten Methoden: Fehlte der politischen Argumentation die Beweiskraft
, traten sehr schnell Diffamierung und politische sowie rassische Denunziation
an ihre Stelle (Dokumente 2 und 3). Beides brachte die „Verunstaltung des
öffentlichen wie privaten Bewußtseins", beruhend auf einer „Verfälschung ethischer
Gefühle", eindrucksvoll zum Vorschein25.

Daß für die Zukunft eines badischen Ministerialbeamten die Zustände in einer
kleinen Bezirksstadt mitentscheiden würden, folgte beinahe zwingend aus der
Struktur des NS-Systems, das durch ein weitgehend unkoordiniertes Neben- und
Gegeneinander der Dienststellen des Staates wie der Partei, in der Regel durch
einen „doppelten Geschäftsgang" mit je unterschiedlichem Ziel- und Interessenhorizont
(und meist negativen Konsequenzen für die Rechtssicherheit) charakterisiert
war26. Der Auffassung des Karlsruher Ministerialrats Kraft, frühere Verbindungen
zur Zentrumspartei allein rechtfertigten noch nicht die berufliche Zurücksetzung
eines tüchtigen Pädagogen (Dokument 2), stand die Geschichte der Donaueschinger
NSDAP, d.h. eine nicht zuletzt vom politischen Katholizismus verursachte
Abfolge von Niederlagen und Demütigungen, entgegen. Wenn im Sommer 1931
führende NS-Funktionäre wegen des Verdachts der Bürgerkriegsvorbereitung
Hausdurchsuchungen erlebten, so hatten sie dieses für sie unerfreuliche Ereignis
der Aufmerksamkeit von Zentrumsjournalisten zu verdanken; die schließliche Einstellung
des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens „mangels hinreichenden Beweises
" vermochte den ungünstigen öffentlichen Eindruck nicht sogleich wettzumachen27
. Der Regierungsantritt Hitlers besserte das politische Klima in der Donaustadt
nicht, im Gegenteil: die Anhänger der Weimarer Republik scheuten sich
nicht, die Fehler, Schwächen, Ungerechtigkeiten des neuen Regimes schonungslos
anzuprangern. In Erinnerung an das Schicksal des ehemaligen Reichsfinanzministers
Erzberger lud Anfang März 1933 die Zentrumszeitung „Donau-Bote" „jeden
gegnerischen Parteiführer" zur Erholung nach Baden ein, ohne daß dieser „von
uns eine Bedrohung des Lebens befürchten" müsse; zugleich wurde bekräftigt,
eine ähnlich gehässige Opposition, wie sie von sog. nationalen Kreisen gegenüber
dem sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert betrieben worden sei, habe die
neue Regierung „aus Gründen des Christentums" nicht zu befürchten28. Das gleiche
Blatt schloß wenig später nicht aus, daß der Überfall einer „Gruppe Wegelagerer
" auf prominente Zentrums Vertreter, darunter Landtags- und Reichstagsabgeordnete
, von Kommunisten, die zur Tarnung in SA-Uniform auftraten, verübt
wurde; da es aber auch die „andere" Möglichkeit erörterte, konnte der Leser
leicht erkennen, wen er für den eigentlichen Übeltäter zu halten hatte29. Daß Unfreundlichkeiten
dieser Art zu einem mehrwöchigen Zeitungsverbot führten, verwunderte
deshalb nicht.

Zusätzlich bereitete eine gleichsam in später Stunde zusammenfindende „Weimarer
Koalition" am „Tag von Potsdam" (21. März 1933) NSDAP und DNVP
(Deutschnationale Volkspartei) eine peinliche politische Niederlage. Der Versuch,
das Potsdamer Ereignis durch einen Akt frühzeitiger, provinzieller Heldenverehrung
zu feiern, scheiterte kläglich. Dem Antrag der Donaueschinger Rechtsgrup-

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