Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 139
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0141
in Karlsruhe und deshalb konnte er keine Betätigung in Donaueschingen finden.
Die Berufung zum Leiter des Gymnasiums in Baden-Baden bedeutete ein verhältnismäßig
glimpflicher Ausgang der Affäre, den er vornehmlich seinem Vorgesetzten
im Ministerium, Herbert Kraft, zu verdanken hatte35. Wohleb hat niemals behauptet
, ein „Widerstandskämpfer" gewesen zu sein. Diese subjektive Einschätzung
entspricht dem objektiven Tatbestand, daß eine solche Rolle gewöhnlich für
einzelne Personen, wenn sie sich in einer sozial isolierten Position oder nicht an
Schalthebeln der Macht befanden, ausgeschlossen war36. Dennoch war seine persönliche
und berufliche Existenz auch zukünftig nicht ungefährdet; 1938 mußte er
sich eines neuerlichen Versuchs des Gauleiters erwehren, ihn „zur Strecke zu bringen
"37. Nach 1945 fiel ihm die Aufgabe zu, von seiner Heimatstadt Freiburg aus
als badischer Staatspräsident die böse Hinterlassenschaft von Nationalsozialisten
wie Wagner und Sedelmeyer zu beseitigen.

Dokument 138
Verhalten des Oberregierungsrats Leo Wohleb

Vorbemerkungen

1). In der Nacht vom Montag, den 5. Februar 1934, auf Dienstag habe ich zusammen mit Lehramtsas
sessor Schwall bis gegen ein Uhr auf dem Büro gearbeitet. Am Dienstag morgen war ich wieder kurz
nach acht Uhr auf dem Büro, um die Akten für Herrn Ministerialrat Kraft39 zusammenzurichten, da er
gegen neun Uhr nach Wertheim fahren wollte. Da ich den ganzen Vormittag über stark beschäftigt
war, kann es wohl sein, daß ich gegen Mittag etwas müde war, zumal ich auch den Fernsprechverkehr
für die ganze Abteilung B40 zu bewältigen hatte.

2). Kurz vor der Abfahrt des Herrn Ministerialrats Kraft kam der Landesjugendführer, Herr
Kemper41, in mein Büro und ersuchte mich, ihm die Richtlinien des Herrn Reichsministers des Innern
zu beschaffen, welche die Grundlage für die Bekanntmachung des Ministeriums über Hitlerjugend und
Schule waren42. Ich tat dies sofort und ging mit den Akten zu Herrn Kemper in sein Büro. Er hatte es
sehr eilig, weil er, wie er mir sagte, zum Herrn Reichsstatthalter43 befohlen war. Herr Kemper teilte
mir mit, die Hitlerjugend halte sich wegen des Nachhausekommens am Abend an die Bestimmungen,
aber die Jugend des V.D.A.44, die Kath. Jugend und die Sportjugend täten dies nicht. Ich erklärte ihm
zweimal, das sei ganz ungehörig; denn, was der Hitlerjugend recht sei, müssen den anderen Jugendver
bänden erst recht billig sein. Ich schrieb mir die von Herrn Kemper benannten Verbände auf einen von
seinem Block entnommenen Zettel und sagte, ich würde wegen entsprechender Erlasse sofort mit Herrn
Ministerialrat Kraft sprechen. Dies tat ich auch und bat Herrn Ministerialrat Kraft in Anwesenheit des
Herrn Turninspektors Linnenbach, seinerseits als Beauftragter des Reichssportkommissars einen Erlaß
an die Sportjugend herauszugeben. Die entsprechenden Erlasse des Ministeriums wolle ich noch im
Laufe des Tages veranlassen. (. . .)

Verlauf des Ferngesprächs des Herrn Reichsstatthalters mit mir

Gegen 12 Uhr wurde ich angerufen und nannte automatisch meinen Namen, ohne den Namen des An
rufenden zu verstehen. Da dieser sofort begann, Herr Kraft sei abwesend, unterbrach ich nicht, um
nach dem Namen des Anrufenden zu fragen, sondern bejahte die dienstliche Abwesenheit des Herrn
Ministerialrats. Meist wartet man ja, wenn man den Namen des Anrufenden gar nicht oder schlecht
verstanden hat, auf den Inhalt des Gesprächs, um daraus seine Schlüsse zu ziehen. Der Anrufende be
zog sich dann auf die Bekanntmachung des Ministeriums über die Hitlerjugend. Diese müsse abends zu
Hause sein, während der Kath. Verband gegenüber . . . Meine Gedankenverbindung war nun folgende:
Der Anrufende ist anscheinend ein Führer der Hitlerjugend, ein Kreisleiter oder Direktor von auswärts.

139


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0141