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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 172
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I

Als erstes sollen zwei Tatsachen Erwähnung finden, durch die sich in erster Linie
unser Jahrhundert vom 19. und allen anderen unterscheidet; und was hier für Freiburg
gesagt wird, kann allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Da wäre erstens die
hohe Kindersterblichkeit: Anhand einer Statistik in der „Freyburger Zeitung" über
die Todesfälle im Jahre 1809 wird deutlich, daß von 394 Toten 150 Kinder waren,
davon 17 Notgetaufte oder Totgeborene:

„... die Ursache der allgemeinen größeren Sterblichkeit (schlechtes Wetter und
Nervenfieber) mußte natürlich auf die Kinder in einem vorzüglichen Grade
wirken 4

In einer Veröffentlichung der Freyburger Zeitung über die Taufen, Hochzeiten
und Todesfälle jeden Monats mit den Todesursachen zeigt sich, daß von 29 Toten
13 Kleinkinder waren (bis 3 Jahre), dazu zwei Jugendliche (12 und 16 Jahre). Meist
waren sie an „Gichtern" (Krämpfe Undefinierter Art), „Auszehrung" und „Schwäche
" gestorben.5 Nur 4 Tote waren 65 und älter. Dabei ist zu bedenken, daß der
Januar, für den die Statistik galt, für Krankheiten sicherlich der gefährlichste
Monat ist; trotzdem bleibt die Bilanz bestürzend.6 Gegen Ende des Jahrhunderts
war die Kindersterblichkeit immer noch hoch, trotz der großen Fortschritte der
Medizin in dieser Zeit. Eltern konnten innerhalb kurzer Zeit bei einer Epidemie alle
ihre Kinder verlieren; ein solches Schicksal traf nicht etwa nur untere Schichten. So
erschien in der Freiburger Zeitung im Februar 1870 folgende Todesanzeige:
„Unserem vor 8 Tagen verstorbenen Sohne Franz folgte heute sein geliebtes
Schwesterchen Hedwig, 2 1/2 Jahre alt, im Tode nach ..

Ganter, Bierbrauer1

Familie Ganter gehörte nun gewiß nicht zu den Ärmsten der Stadt und konnte
sich hohe Arztkosten leisten. Trotzdem blieb ihnen noch größerer Kummer nicht
erspart: das dritte Kind starb im März:

„Gestern abend starb uns ein drittes Kind, Luise, 1 1/2 Jahre alt ... "8

Die Todesursache der Kinder wird nicht erwähnt, und ob sie nun Scharlach,
Diphtherie oder etwas anderes war, war sicher auch für die betroffenen Eltern von
untergeordnetem Interesse. Es bleibt aber die Tatsache festzuhalten, daß es vermutlich
kaum eine Familie in Freiburg gab, die nicht einmal den Tod eines ihrer Kinder
erleben mußte.

Der zweite signifikante Unterschied ist der Ort des Sterbens: Im 19. Jahrhundert
starb man in Freiburg vorwiegend zuhause oder wenigstens in vertrauter Umgebung
(was z. B. für Armenhäuser galt). Es gab zwar schon zu Beginn des Jahrhunderts
ein Krankenspital, aber das war nicht für Sterbende, sondern für Kranke und
Arme gedacht9. Wenn es trotzdem zum Tod im Spital kam, so geschah dies nach
Meinung eines Arztes im Jahre 1805 vor allem deswegen, weil Todkranke oft zu
spät ins Spital gebracht würden:

„Hier kann ich aber nicht mit Stillschweigen übergehen, daß auch Hiesige bisweilen
erst dann in das Spital übertragen werden, wo jede menschliche Hülfe zu spät
kommt, und so sie dann bald nach ihrer Ankunft ihren Geist aufgeben 10

Wie sehr der Tod im Hospital die Ausnahme war, zeigt auch die Tatsache, daß es
in der obligatorischen Sterbefallanzeige des Leichenschauers und der Siegelanle-

172


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