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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 179
(PDF, 32 MB)
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gefahren werden, statt wie bisher getragen. Maßgebend für diese Entscheidung
waren auch wieder hygienische Gründe.

Die Leichenordnung galt ab 1. Juli 1822 und 14 Tage vorher hatten die Zunftobersten
diese den Zunftmitgliedern bekannt zu geben. Anscheinend sollten sie
dann anschließend dem Magistrat die Meinung der jeweiligen Zunft über die Leichenordnung
(die also wohl in dieser Form etwas Neues für Freiburg war) mitteilen
. Im Stadtarchiv sind jedenfalls Briefe fast aller Zunftmeister in dieser Angelegenheit
erhalten. Die Zünfte hatten im allgemeinen nichts gegen die Leichen-Ordnung
einzuwenden, aber der Leichenwagen stieß auf entschiedene Vorbehalte. So
schrieb der Zunftmeister der Rebzunft zur Sonne, der Kranzwirt Melchior Trö-
scher, dem Magistrat am 16. Juni 1822, daß die ganze Zunft, die aus 162 Mann bestünde
, besonders gegen den Leichenwagen eingestellt sei:

„... besonders wollen sie gar nichts wissen von einem Todtenwagen indem sie
jederzeit bereitwillig einander selber zu Grabe getragen haben, und zwar unentgeltich
; folglich brauch man ihnen keine neuen Kosten zu machen, daß werden sie
aber auch nicht hoffen, das man ihnen den Leichendienst verbieten werde, daß ein
Zünftiger den anderen nicht mehr sollte zu Grab tragen. "49

Auf den Tenor des Zunftmeisters von der Sonne laufen alle anderen Briefe von
Zunftmeistern an den Magistrat (es gab 12 Zünfte — 10 Briefe sind erhalten oder
vorhanden) hinaus. Der Leichenwagen wird allgemein für überflüssig gehalten, wie
es besonders knapp der Zunftmeister Thomas Bihler der Metzgerzunft ausdrückt:
„Da die Zunft zum Sternen eynstümig abgeschlossen hat bey der alten Zunftverordnung
zu verbleiben und ihre Mittzünftige zu tragen wie es ihnen gebräuchlich
war und bey uns von einem Todenwagen keinen Gebrauch davon zu machen. "50

Der Freiburger Magistrat selber war scheinbar von dem neuen Leichenwagen
nicht allzu angetan — zumindest plädierte er für Freiwilligkeit der Benutzung. Im
Mai 1822 heißt es dazu:

„... daß nämlich jenen Einwohnern ... wenn sie vorziehen, von ihren Nachbarn
und Zunftgenossen zum Grabe in der Stille getragen zu werden, dieses gegönnt werden
wolle, und besonders die mittleren und ärmeren Klassen nicht wider Willen gezwungen
werden, einen größeren Kostenaufwand zu machen, als der bisher für sie
bestanden war ... "51

Diese Einstellung wurde aber vom Direktorium des Dreisam-Kreises scharf gerügt
: Man hätte nicht erwartet, daß der Magistrat Einspruch gegen die Einführung
des Leichenwagens erheben würde. Es ginge nicht an, die Benutzung des Leichenwagens
der Willkür einzelner zu überlassen. Man müsse bei § 16 der Leichenordnung
, wo das Tragen der Leichen verboten sei, verbleiben52.

Aus den Briefen der Zunftmeister läßt sich aber ersehen, warum der Leichenwagen
auf so heftige Ablehnung stieß: Zum einen wegen der höheren Kosten für
die niederen Klassen, denn der Leichenwagen war gebührenpflichtig. Zum anderen
wegen des Verbotes der bisherigen Tradition, die ja außerdem noch kostenlos war.
Diese beiden Motive vermischen sich natürlich, und der Kostenfaktor ist dabei in
Gefahr, als eigentliches Hauptmotiv für die Betonung der bisherigen Tradition angesehen
zu werden. So schreibt F. Hefele über diese Auseinandersetzung sanft ironisch
:

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