Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
104.1985
Seite: 322
(PDF, 41 MB)
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abgelegt wurden. Aus dem 18. Jahrhundert sind viele lebendig und sinnenfroh gestaltete
Kapellen erhalten. Der historisch Bewanderte hat das erwartet, denn die späte Barockzeit war
eine Blütezeit der Wallfahrten und der Heiligenverehrung. Daß aber eine große Zahl von
Hofkapellen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, erbaut von Hofbauern, die im Feld
ein Gelöbnis abgelegt haben, das läßt einen aufhören, denn hier handelt es sich nicht um
Volksfrömmigkeit ferner Vorfahren, sondern um ein Zeugnis von Zeitgenossen. Auch in
aller jüngster Zeit sind neue architektonisch gut gelungene Kapellen entstanden.

Man kann das Buch von Franz Kern aus den verschiedensten Motiven heraus lesen; jeder
wird auf seine Kosten kommen: der Schwarzwälder, der etwas über eine Kapelle in seiner
Nachbarschaft erfahren will, der Volkskundler, der sich für Votivtafeln interessiert, der Historiker
, der hier die Wechselfälle der Zeiten verfolgen kann: Kriege, Seuchen, Mißernten
und Naturkatastrophen. Mit besonderem Gewinn greift schließlich der kunstgeschichtlich Interessierte
zu dem Buch. Er liest von originellem alten Figurenschmuck, von Altären und Gemälden
, worunter sich da und dort auch weniger Geschmackvolles mischt. Er erfährt aber
auch Bedauerliches, daß nämlich in jüngerer Zeit etliche Kapellen von Dieben heimgesucht
wurden. Man kann nur hoffen, daß das Buch in diesen Kreisen nicht als Führer mißbraucht
wird.

Franz Kern geht natürlich auch auf den religiösen und frömmigkeitsgeschichtlichen Aspekt
ein. Bei jeder Kapelle ist vermerkt, welchem Heiligen sie geweiht ist und in welchen Anliegen
sie aufgesucht wurde. Auf dem Rappeneck über Oberried gibt es zum Beispiel eine kleine
Apolloniakapelle, die im Volksmund „Zahnwehkapelle" heißt, und beim Abrahamshof in
Breitnau steht eine Erasmuskapelle, die eine Zuflucht bei Leibschmerzen und Koliken war.
In der Einleitung setzt sich der Verfasser mit den sich wandelnden Formen der Frömmigkeit
und der Daseinsbewältigung auseinander. Er stellt den Menschen früherer Zeiten, der sich an
die Heiligen klammerte, dem heutigen gegenüber, der gegen Lebensbedrohungen Versicherungen
abschließt. Franz Kern erinnert daran, daß uns diese Kapellen zur Erhaltung anvertraut
sind und daß die religiöse Welt, aus der sie entspringen, des Überdenkens wert sei.

Schließlich macht er genaue Angaben über den Erhaltungszustand der Kapellen. Sie reichen
von „hervorragend renoviert" bis zu „im Verfall befindlich". Da gibt es eingeschlagene
Fenster, ruinöse Dächer und vom Schwamm befallenes Mauerwerk. In etlichen dieser Fälle
konnte der Verfasser bemerken, daß die Besitzer eine Wiederherstellung ins Auge gefaßt hätten
. Vielleicht hat sein persönliches Interesse zu diesem Entschluß beigetragen, denn er kam
nicht nur als namenloser Forscher, sondern als der Pfarrer von Kirchzarten. — Hier ist ein
harmonisches Buch entstanden, das den Verstand, das Gemüt und das Auge anspricht.

Renate Liessem-Breinlinger

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