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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 251
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0253
Die Kreispflegeanstalt Freiburg 1877 bis 19401

Von

Gerlind Leininger

1. Einleitung

Die Gründung der Freiburger Kreispflegeanstalt zusammen mit neun anderen badischen
Kreispflegeanstalten kündigt einen Wandel der städtischen Armenpolitik an.
Die bisher vorherrschende Form der Armenfürsorge war die offene Armenpflege.
Die Städte waren in Bezirke eingeteilt, in denen der öffentlich bestellte Armenpfleger
weitgehend nach persönlichem Ermessen Unterstützungsmittel verteilte.

Nachdem die preußische Gesetzgebung ab 1842 einerseits die Freizügigkeit, andererseits
den Grundsatz durchgesetzt hatte, daß die Gemeinden ihre Ortsarmen unterhalten
mußten, kam es zu sehr unterschiedlichen Belastungen einzelner Städte und
Ortschaften.2 In Baden war das preußische Modell mit den Gesetzen von 1862 und
1870 übernommen worden, das mit einigen Veränderungen bis zum Ende der Weimarer
Zeit in Kraft blieb.3

Unter dem Druck der ständig knappen Finanzen gingen Kommunen und Kreise zunehmend
zur geschlossenen Armenpflege über, die vor allem durch den Deutschen
Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit propagiert wurde.4

Die Entwicklung verlief in den einzelnen Städten außerordentlich unterschiedlich
,5 je nachdem, an welche Vorbilder angeknüpft wurde und welche lokalen Motive
vorherrschend waren.

Nach dem Scheitern der nach englischem Vorbild errichteten Arbeitshäuser mit
Zwangsarbeit knüpften die neuen Armenanstalten wieder an die Traditionen der klassischen
Siechenhäuser an. Weiterhin sollten die Krankenhäuser von den leicht und
chronisch Kranken entlastet werden, wie es der Deutsche Verein für Gesundheitspflege
energisch forderte.6

Vorbild für die geschlossene Armenpflege waren auch die Irrenanstalten, die im
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts7 in großer Anzahl gebaut wurden. Bei vielen
Anstaltsinsassen handelte es sich um arme Irre, so daß eine vergleichbare Lösung für
„normale" Arme nicht so fern lag.

Die Aussonderung von Armen in geschlossene Anstalten war eine qualitative Veränderung
der bisherigen Armenfürsorge. Die Opfer der Wirtschaftspolitik wurden
den Blicken der Öffentlichkeit entzogen, für den Produktionsprozeß waren sie unnütz
, daher mußte der Aufwand für sie so gering wie möglich gehalten werden.

Nach dem Vorbild der Irrenanstalten wurde die Leitung der Armenhäuser oft
einem Arzt übertragen. Unter dem Einfluß der Arzte begann eine Debatte über die
Ursachen der Armut, die als eine Art Krankheit aufgefaßt wurde. Diese Erklärung
der Armut konnte sich jedoch nicht durchsetzen, wie auch die Arzte ab dem 2. Jahr-

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