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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0168
Autobiographische Notizen

„Geboren wurde ich in dem dem Zähringerhof unmittelbar benachbarten Hause
Bertholdstraße 49 am 20. Juni 1879. Meine Eltern hatten sich 1875 hier in Freiburg
verheiratet. (Wir) wohnten im Erdgeschoß, und es stand uns der Garten zur Verfügung
, denn die Einfahrt, wie sie heute besteht, war noch nicht angelegt. Die früheste
Erinnerung verbindet sich mit diesem Garten, der in einen schmalen Streifen ausmündete
zwischen der Einfriedung des Zähringerhofs und dem Hintergebäude der
Weinhandlung Gebr. Hüglin. Wohl als 2~ oder 3jähriger habe ich hier von dem verwitterten
Kalkputz genascht, der mir damals süß und köstlich schmeckte, wohl weil
mein Körper Kalk nötig hatte. Viele Winden wucherten an diesem sonnigen Platz,
Mein Kindermädchen — ich nannte sie in meiner Kindersprache nur Didi, ich
glaube, sie hieß Christine — war einmal frech gegen meine Mutter. Es kam zum
Krach und zur Kündigung, obgleich sie sehr tüchtig und in der Familie sehr beliebt
war. Da gab es auf allen Seiten Heulen und Zähneklappern. Meine Didi sollte am
andern Tag das Haus verlassen. Da holte ich aus meinem Gärtchen Arme voll Winden
und schmückte insgeheim ihr Bett zum Abschied. Die Erregung wandelte sich in
Rührung und Versöhnung, und meine Didi durfte bleiben. Ich soll sehr spät, lange
erst nach dem Gehenlernen das Sprechen erlernt haben — was mir heute noch nachgeht
. Ich hatte lange meine eigene Sprache mit ganz besonderen Lauten. So nannte
ich noch lange das Christkindchen „Sisidela", ein Ausdruck, den ich dem Sinn nach,
was er mir versinnbildlichen sollte, noch heute sehr verständlich finde.

Meine Eltern zogen, als ich (etwa) 11 Jahre alt war, in die Werderstraße, und da
habe ich auf dem Alleegarten und in den Gärten des Viertels zwischen Gartenstraße
und Wilhelmstraße meine Jugendstreiche ausgeführt. Ecke Wilhelm- und Erbprinzenstraße
wohnten im Erdgeschoß die Eltern von Eugen und Constantin Fischer, im
Obergeschoß Zoeppritzens mit Rudi, der mit mir in die Oberrealschule ging, und
Karl, der später mein Schwager wurde, in der Gartenstraße wohnten die anderen Fischers
mit den Söhnen Franz und Emil und die Söhne des Rittergutbesitzers Jung -
Felix und Hermann, Dazu gesellten sich meine Vettern Burkardt, und die ganze Gesellschaft
war zu einer Räuber- und Indianergesellschaft zusammengeschlossen, die
die ganze Umgegend unsicher machte. Wir kannten alle Schleichwege und hatten auf
manchem Baum unseren Sitz und Auslug, um den beschlichenen Familien in die Suppentöpfe
zu schauen oder Katzenjagden zu veranstalten. Die Heuspeicher der Fa.
Gebr. Mengler, die damals noch in der Bertholdstraße waren, boten einen glänzenden
Unterschlupf. Aus der kleinen Giebelluke veranstalteten wir einmal ein Preisschießen
auf die einzelnen Scheiben der Veranda, die die ganze Rückfront des Hauses vom
Rabiner einnimmt, mit dem Erfolg, daß unsere Eltern den Schaden bezahlen mußten
und wir als reuige Sünder in Strafe kamen. Ein Trost, daß aus manchem der phantastisch
begabten Lausbuben das Leben doch tüchtige Menschen machte. Franz Fischer
ist heute Geh.Rat und Dir. des Kohlenforschungsinstituts in Mülheim und Eugen
Fischer, der allerdings 5 Jahre älter als ich ist, kennen Sie alle.

Wenn ein Zirkus seine Zelte aufgeschlagen hatte, machten wir ihm sofort Konkurrenz
, dressierten Katzen und Hunde und veranstalteten Vorstellungen, die unseren
Verwandten und Bekannten noch sicher in guter Erinnerung sind. Zirkusdirektor war
mein Vetter Ernst Burkardt,

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