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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 169
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verständlich war mit der Auszeichnung die Treuepflicht gegenüber dem Kaiser verbunden
, andererseits war der Dichter Untertan eines Territorialherren oder Bürger
eines Staatsgebildes, das, wie die Schweiz, seine Selbständigkeit gegenüber dem
Reich betonte. Der von den poetae laureati verfaßten und vorgetragenen Dichtung
kam daher für den Kaiser wie auch für den Reichstag große Bedeutung zu. Dichterkrönungen
bedurften der Absprache mit der kaiserlichen Kanzlei. Sicherlich ging es
hierbei nicht nur um das Zeremoniell, sondern vor allem um den Inhalt der Dichtung
.38 Glareans Lobgedicht muß also, bevor es auf dem Reichstag zu Köln vortragen
werden konnte, von der Kanzlei genehmigt worden sein. Daher ist das Panegy-
ricon ebensowenig eine spontane dichterische Eingebung Glareans wie die Dichterkrönung
eine spontane Handlung Maximilians.

Die Vielzahl von Dichterkrönungen unter Maximilian I. - Schmid zählt 29 nachweislich
von Maximilian gekrönte Dichter - weist vielmehr darauf hin, daß der
poeta laureatus als Institution planvoll eingesetzt wurde.39 Pantaleon kommt dem
nahe, indem er schreibt: „ut a Maximiliano Caesare Poeta Laureatus constituere-
tur". Dichterkrönungen dienten als Mittel der Hofpropaganda, und die Gekrönten
erfüllten diesen Anspruch in ihren meist panegyrisch ausgerichteten Probevorträgen
vor Kaiser und Reichstag. Maximilian konnte sich als Mäzen darstellen, wobei dieses
Mäzenatentum ihn nur wenig kostete. Als Gegenleistung erwartete er, daß die
Gekrönten ihm für künftige Aufgaben zur Verfügung standen und vor allem bei den
Reichstagen als loyale Publizisten für eine „gute Presse" sorgten.40 Über die Reichstagspropaganda
hinaus konnte Maximilian etwas für die gedechtnus, die Verbreitung
und Verewigung seines Ruhmes tun, wobei die lateinische Sprache für Qualität und
Internationalität bürgte. Der lateinischen Lyrik hatte man nichts besseres entgegenzusetzen
. Oder, wie Forster es pointiert ausdrückt: „Glarean hat europäisches Niveau
, [sein Schüler Johannes] Aal [der die Verse vom Zifferblatt des Zeitglockenturms
in Soloturn, die Glarean um 1545 verfaßt haben soll, ins Deutsche übertrug]
hat gar kein Niveau und schreibt für ein Publikum, das selber kein Niveau hat und
auch kein Niveau erwartet."41

Glareans Dichterkrönung ist also nicht eine Auszeichnung für besondere Leistungen
, erst recht nicht für ein poetisches Werk, von einer Belohnung für das Panegyri-
con auf Maximilian ganz zu schweigen. Das Panegyricon war einerseits Voraussetzung
der Dichterkrönung, andererseits Dank hierfür. Der öffentliche Vortrag galt als
„Prüfung*' des Kandidaten und war somit Teil des Zeremoniells, gleichzeitig diente
er dem Ruhm des Kaisers und war somit ein Mittel der kaiserlichen Propaganda.
Glarean steigerte die Wirkung, indem er sein Lob singend vortrug.

Das Lob des Kaisers und der kaiserlichen Familie gehörte zu den Aufgaben des
poeta laureatus. Glarean machte um 1540 König Ferdinand das Angebot, die Familiengeschichte
der Habsburger, verfaßt von Jakob Mennel, ins Lateinische zu übersetzen
.42 Zusätzlich förderte er das Ansehen der Habsburger durch Widmungen in
seinen Werken. So wurde die erwähnte Chronologie zur römischen Geschichte des
Livius König Ferdinand, der in Köln am 5. Januar 1531 gewählt und danach in
Aachen gekrönt wurde, und auch Kaiser Karl V. zugeeignet, Gleichzeitig wurde, wie
das Beispiel von Glareans nicht gedrucktem Epos auf die Schlacht von Näfels zeigt,
negative Historiographie vermieden.

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