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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 170
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Der Ablauf des Zeremoniells scheint teilweise kaiserlichen Taufhandlungen, wie
sie aus dem frühen Mittelalter überliefert sind, nachempfunden zu sein. Durch die
Taufe wurde der Täufling zum geistlichen Sohn, er gehörte somit zur familiaritas des
Kaisers und war daher auf Dauer zur Treue verpflichtet.43 Der Kaiser als Pate überreichte
die Taufgeschenke, im Falle der Dichterkrönung Lorbeerkranz und Ring. Als
Helfer bei dieser Taufe stand Balthasar Merklin zur Seite. Die bei Vadians Krönung
bezeugten Zurufe - sie werden bei Glarean kaum gefehlt haben - erinnern an antike
Akklamationen.44 Den Abschluß eines Taufzeremoniells bildete die mit einer admo-
nitio verbundene Entlassung.

Um eine Auszeichnung für erbrachte wissenschaftliche oder poetische Leistungen
erhalten zu können, waren die Gekrönten mit einem durchschnittlichen Alter von 25
Jahren zu jung. Im Kreis der Poeten befanden sich Literaten unterschiedlichsten
Ranges, was Heinrich Bebel zu dem Epigramm In quosdam poetas laureatos, qui ne
versum quidem noverunt componere veranlaßte.45 Verwaltungsbeamte, die sich im
öffentlichen Amt bewährt hatten oder Universitätslehrer wurden zu Dichtern gekrönt
. Glarean war zum Zeitpunkt seiner Krönung 24 Jahre alt und lehrte seit zwei
Jahren als Magister an der Kölner Universität. Das Bestreben der Kaisers, die neue
humanistische Bildungsbewegung an den Universitäten zu verankern und zu zentrieren
, erwies sich im dem Recht des Gekrönten, auch ohne Promotion an den Universitäten
lehren zu dürfen. Der poeta hingegen war verpflichtet, das Lob des Kaisers in
seinem Unterricht zu verbreiten.

Der Unterricht der poetae erfreute sich bei den Studenten großer Beliebtheit und
Glarean konnte sich über zu wenige Studenten nicht beklagen, als in anderen Vorlesungen
die Hörer wegblieben. Auf Seiten der Lehrenden in den Artistenfakultäten
hingegen stießen die Vorlesungen der poetae nur selten auf Begeisterung.46 Ihr Vortrag
paßte nicht in das traditionelle Lehrprogramm der Grammatik und Rhetorik, und
weil sie, wie es ihr Recht war, im Unterricht den Dichterlorbeer trugen, unterschieden
sie sich bereits in ihrem Auftreten vom üblichen Lehrer. Auch Glarean muß wohl
in Basel mit dem Lorbeerkranz aufgetreten sein, wie Holbeins Zeichnung erkennen
läßt. In der Vorlesung konnte sich der poeta größere Freiheiten erlauben, wie zum
Beispiel Kommentare in deutscher Sprache, und er durfte eigene Werke seinem Unterricht
zugrunde legen. Glareans bereits erwähntes autobiographisches Gedicht zur
Eröffnung seiner Livius-Vorlesung zeigt, daß er dieses Recht in Anspruch nahm und
hiermit gleichzeitig das erwünschte Lob des Kaisers verband. Die Dichterkrönung
bedeutete demnach die Förderung von Humanisten ohne akademischen Titel, ihre
Rolle blieb jedoch auf die Lehre von Poetik und Rhetorik in der Artistenfakultät beschränkt
. Der Widerstand in den Artistenfakultäten sollte durch Androhung einer
hohen Geldbuße gebrochen werden. In der kaiserlichen Urkunde für Vadian heißt

... Dantes et concedentes tibi et hoc imperiali statuentes edicto, quodde cetero
in quibuscunque Studiis et generalibus presertim tarn in Poetica quam in Ora™
toria legere, docere, profiteri et interpretari atque insuper omnibus privilegiis,
immunitatibuSy indultis, honoribus, preeminentiis, gratiis et libertatibus libere
uti etfrui ac gaudere debeas et possis, quibus ceteri Poete a nobis laureati ac
Oratores designati hactenus freti sunt et usi fuere seu quomodolibet gaudent

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