Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 209
(PDF, 57 MB)
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können. Schreibers Lehrer bieten eine gute Illustration dafür, sie fanden jedoch in
Schreibers Selbstbiographie keineswegs ein ihren wissenschaftlichen Bemühungen
gerecht werdendes Urteil. Johann Leonhard Hug24 galt für ihn als „gelehrt" und
„geistreich",25 seine Vorlesungen ließen den jungen Schreiber aber „kalt und schläferten
ein".26 Und dennoch verdankte er diesem nüchternen Gelehrten, an den er als
junger Student vergeblich herankam, seine spätere Fähigkeit zur Kritik. Wanker dagegen
liebte er als „eigentlichen Mittelpunkt, den sittlichen Schwerpunkt der theologischen
Facultät".27 Der Dogmatiker Schnappinger langweilte ihn, da er „sein lateinisches
Heft mit Komma und Semikolon immer wieder aufs Neue zu dictieren und
jeden Satz zuerst wörtlich und sodann gutdeutsch zu übersetzen"28 pflegte. Beim
Kirchenhistoriker Joseph Anton Schinzinger besaß sogar jeder Student dessen Kollegheft
- „schon wegen der Prüfung".29

Schreibers Interesse ging schon damals über das Theologiestudium hinaus. So beschäftigte
er sich mit natur- und humanwissenschaftlichen Studien im weitesten
Sinn,30 auch der Dichter Johann Georg Jacobi beeindruckte ihn.31

Schreiber schloß sein Studium mit Auszeichnung ab. Für sein späteres Wirken an
der theologischen Fakultät scheint mir diese aufgeklärte Professorenschaft fermentierend
fruchtbar gewesen zu sein, so sehr er diese - besonders die Theologen - später
von der Warte des über sie Hinausgewachsenen aus abwertet. Fast hätte sein Weg
zum Priestertum eine Wende erhalten, wenn ihm, wie er vorgibt,32 ein Mädchen, zu
welchem er „in den bittersüßen Zauber einer stillen Anbetung"33 entflammt war, Beachtung
geschenkt hätte. Doch nichts dergleichen.

Sein dreijähriges Theologiestudium führte ihn - kaum 20 Jahre alt - 1814 schließlich
ins Meersburger Priesterseminar.34 Die Mutter, für ihn ursprünglich ein primärer
Grund, Priester zu werden, war knapp drei Jahre vorher, 1811, gestorben, und seine
Schwester, Anna Xaveria Josepha, war gerade dabei, sich für den Lehrberuf vorzubereiten
, Warum er ins Priesterseminar eintrat? Wir wissen es nicht. Geschätzt hat er
es jedenfalls nicht, von Wessenbergs positiv gewürdigten Reformbemühungen einmal
abgesehen. Dabei hatte er noch das Glück gehabt, mit dem alten Konstanzer
Fürstbischof von Dalberg35 und dem Erfinder des tierischen Magnetismus Dr. Franz
Anton Mesmer36 in Kontakt gekommen zu sein. Gemeinsames mit diesen Persönlichkeiten
fand Schreiber nicht etwa in der Theologie, sondern im weiten Umkreis
der Naturphilosophie, welche chemische und physikalische Gesetzmäßigkeiten untersuchte
und auf deren Bedeutung für das Leben überhaupt anzuwenden trachtete.37
Besonders unverständlich erschien Schreiber die Haltung des Meersburger Kaplans,
der dem sterbenden Mesmer bei der „ohnehin nur bedingten Absolution" die Worte
„si dignus es" nicht habe beifügen wollen, weil dieser sich angeblich „oft als Naturalist
geäußert habe".38

Bis er das zur Priesterweihe notwendige Alter erreicht hatte, verdiente er in Freiburg
seinen Lebensunterhalt mit Hilfsarbeiten in der Universitätsbibliothek und mit
Redaktionsarbeiten beim Freiburger Wochenblatt. Allein und ohne Verwandten reiste
er im September 1815 in die ehemalige Klosterbasilika nach Weingarten, um dort
durch Weihbischof Franz Karl von Hohenlohe39 die Priesterweihe zu erlangen. Wie
er diese erlebte, und was er dabei wirklich empfand, wir wissen es nicht. Landpfarrer
zu werden, wie es der Jugendliche geträumt hatte, das war ihm nicht mehr erstre-

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