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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 212
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daretur" entwickelte Sittlichkeitslehre. Auf dieser Ebene „tritt der Mensch selbst als
Gesetzgeber auf*.69 Der Imperativ lautet dann: „Sei Mensch, weil du in dir dich, den
Menschen achtest";70 Schreiber findet seine Urform in dem Satz des lateinischen
Komödiendichters Terenz: „Homo sum, humani nihil a me alienum puto."71

Das zweite, das theologische Prinzip, hat nach Schreiber nichts mit der christlichen
Offenbarung zu tun. Es geht hier „um die Reflexion auf die Idee Gottes, die im
Menschen liegt kraft seiner Vernunftbegabung".72 In die Schreibersche Kurzform gebracht
lautet dies: „Formell: Thue und lasse wie du sollst, aus Liebe gegen Gott. Materiell
: Strebe, immer mehr Gott ähnlich zu werden. Im Ganzen: Werde Gott ähnlich
aus Liebe gegen Gott."73

Diesen beiden sog. natürlichen Prinzipien stellt er die geoffenbarten Prinzipien
gegenüber, das christliche und das kirchliche Moralprinzip. Ähnlich wie Natur und
Gnade im thomasischen Sinn ergänzen sich beide Bereiche, ja durch die Offenbarung
Christi „wurde daher im strengsten Sinne die Moralität im Allgemeinen erst
möglich",74 denn mit der Erscheinung Christi habe „die Menschheit ihre volle
Selbstständigkeit gewonnen", da in Christus „nicht nur allein die moralisch-höchste
Idee des Gottmenschen (des Menschensohnes, der zugleich Gottessohn ist); sondern
auch das ihr entsprechende Ideal gegeben war".75

Das vierte Prinzip nennt er das kirchliche. Die Kirche sei durch den Heiligen Geist
zur Selbstgesetzgebung befähigt. Mit diesem Gedanken rettet Schreiber sogar seine
Vorstellung von der Autonomie, indem er diese nicht auf ein Individuum, sondern
auf die „Einung der aus dem Geist Handelnden, die Gemeinschaft des Geistes"76
überträgt. Wohlgemerkt, hier ist nicht die konkrete Kirche, sondern die Kirche an
sich gemeint, die sich der konkreten Kirche als Ideal vorstellt. Kirche für Schreiber
bedeutet: „die Vereinigung der Menschheit zu einer unio spiritualis nach dem Vorbild
der Einheit Christi mit dem Vater".77

Vermutlich war es Schreibers Nachfolger auf dem moraltheologischen Lehrstuhl,
Johann Baptist Hirscher, der in der Tübinger Theologischen Quartalschrift seine Antrittsvorlesung
rezensierte. Neben einigen kritischen Anmerkungen zu Schreibers
Verwendung gewisser Bibelzitate drückte diese Rezension durchaus ihre Wertschätzung
über Schreibers komplexes Gedankengebäude aus.78

Wie schnell hatte sich Schreiber auch in die mit seinem Lehrstuhl verbundene
Theologische Religionslehre eingearbeitet. Die im Sommersemester 1827 darüber
gehaltene Vorlesung zog die stattliche Zahl von 227 Hörer an.79 Sie erschien unter
dem Titel „Allgemeine Religionslehre" 1829 in zwei Bänden.80 Hug, sein bisheriger
Förderer, war es, der dieses Werk in der „Zeitschrift für die Geistlichkeit des Erzbisthums
Freiburg 1829, Drittes Heft",81 ausführlich vorstellte.82 Seinen Fakultätskollegen
schrieb er: „Von dem ausgezeichneten Werthe dieser gedankenreichen
Schrift näher unterrichtet, erlaube ich mir bey der Hochverehrten Facultät den Antrag
zu machen, dem Hochwürdigen Herrn Verfaßer, unserm dennaligen Decan, als
ein Anerkenntniß seiner ausnehmenden Verdienste die theologische Doctorwürde
entgegen zu bringen."83 „Mit wahrem Vergnügen trat die theologische Fakultät dem
wohlbegründeten Antrage ihres hochwürdigen Herrn Seniors bei, und beschloß einstimmig
, den Herrn Decan und Prof. Schreiber mit der theologischen Doctorwürde
zu beehren."84 Das Consistorium der Universität ging auf alle Vorschläge bezüglich

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