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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 213
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0213
Schreibers Promotion ein,85 Im Senatsprotokoll vom 18, 7. 1829 findet sich der Eintrag
: „Am Anfange dieser Sitzung wurde auch clausis januis die Promotion des
Herrn Professors ord, Schreiber, d. Z. theol. Decans, zur theologischen Doctorwürde
vorgenommen» Herr Domcapitular G. R. Hug war Promotor.4486

Schreiber verstand die Moraltheologie als praktischen Teil der Religionslehre.87
Seine mit der Zeit erarbeiteten inhaltlichen Vorstellungen darüber erschienen als
Lehrbuch der Moraltheologie in den Jahren 1831, 1832 und 1834, Im ersten Band
befaßte er sich mit psychologischen Voraussetzungen, mit Rechten und Pflichten allgemein
, mit Tugend, Bekehrung, Besserung, Verdienst und Schuld. Antike Autoren
wie Thukydides, Xenophon, Livius, Sallust, Tacitus usw. gehören für ihn ebenso
dazu88 wie griechische Bibelzitate oder die Rezeption aufgeklärter Zeitgenossen.

Sein 1832 erschienener erster Teil des zweiten Bandes befaßte sich mit der speziellen
Moraltheologie.89 Hier ging es um „das Reich Gottes im Werden und Seyn",90
um Frömmigkeitsformen und Religionspflichten und schließlich um Eid, Meineid
und um Gelübde, welche für ihn viele Gemeinsamkeiten mit dem Eid haben.91 Unter
Gelübde, so führt er aus, hätte man früher verstanden „ein Gott gemachtes Versprechen
, sich einer höheren sittlichen Leistung zu unterziehen, als wozu gerade eine eigentliche
Pflicht vorliegt".92 Dagegen sieht Schreiber „nach dem reinen Geiste des
Christenthums"93 keine Notwendigkeit für solche Gelübde. Der Christ habe auch
ohne Gelübde „das Recht und die Pflicht", „das religiös-sittliche Bessere und Beste
zu thun",94 Ähnlich wie beim Eid sei ein Gelübde nur „dem Rechte gemäß",95 wenn
es freiwillig geschehe,96 andernfalls gebe es nicht nur schlimme Sünden, sondern
auch Krankheiten von Hypochondrie bis zum Selbstmord.97 Das Versprechen des
Zölibates ordnet Schreiber als „widerrechtliches Gelübde" ein. Dem setzt er „die
eheliche Verbindung" dagegen, „worin der Geschlechtstrieb seine eben so natürliche
als rechtliche und sittliche Ausgleichung und Befriedigung nach allen Richtungen
hin findet".98 So kommt Schreiber zum Schluß: Der „Cölibat ist ein unchristliches
Institut". „Denn was ungerecht und unsittlich ist, das kann nicht christlich seyn."99

Welche Adressaten hatte Schreiber hier wohl vor Augen? Seine Theologiestudenten
, die sich darauf vorbereiteten? Kirchliche Amtsträger, deren Unbeweglichkeit er
damit anstoßen wollte?100 Oder sind Schreibers Worte gar prophetisch zu verstehen?

Eines war sicher und Wessenberg hat es richtig erkannt, Schreibers Worte kamen
in einen Kontext, in dem sein Anliegen sich weder anhaltender Zustimmung erfreuen
, geschweige denn kirchlich durchsetzen konnte.

Originell oder neu war Schreibers Zölibatskritik nicht. Nicht nur, weil seit Bestehen
des Zölibats auch Kritik daran einsetzte, sondern, weil im Gefolge der Aufklärung
gegen Ende des 18. bis in das erste Viertel des 19. Jahrhunderts diese Frage
heftig und engagiert diskutiert worden war - und zwar mit der starken Tendenz, den
Zölibat in seiner bisherigen Form abzuschaffen.101 Es wundert nicht, daß von den
sechs Namen - einschließlich Schreibers -, die bei der Besetzung des moraltheologischen
Lehrstuhls genannt worden waren, sich die Hälfte publizistisch gegen den
Zölibat ausgesprochen bzw. später kritisch dazu geäußert hat: Hirscher, Wörner,
Salat und Schreiber, jeder auf seine Weise.

Doch 1832 war Schreibers hartnäckig kompromißlose Kritik in einen weltkirchlichen
Kontext gefallen, der selbst bis in die badische Provinz hineinreichte. Der

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