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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 237
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berale bzw. demokratisch-oppositionelle Lebenswelten spiegelt sich auch darin, daß
der Deutschkatholizismus primär eine urbane Bewegung war: Deutschkatholische
Gemeinden entstanden vornehmlich in Städten mit einer konfessionsgemischten Bevölkerung
, die durch Industrialisierung und Auflösung traditionaler Gemeinschaftsstrukturen
geprägt waren; die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts viel disku-
tierte „Mischehenfrage" bildete das wichtigste Motiv für den Ubertritt zum Deutschkatholizismus
.46 In konfessionshomogenen ländlichen Regionen kam es nur
vereinzelt zur Bildung deutschkatholischer Gemeinden. Zu berücksichtigen ist
dabei, daß die Behörden einiger deutscher Staaten den Aktionsradius der religiösen
Opposition erfolgreich einzuschränken vermochten und durch massive administrative
Repression die Bildung deutschkatholischer Gemeinden zu verhindern vermochten
. Vor allem in Bayern und in Österreich konnten erst im Zusammenhang der
revolutionären Ereignisse von 1848/49 deutschkatholische Gemeinden gegründet
werden.

1848/49 hatte die deutschkatholische Bewegung den Höhepunkt der öffentlichen
Anteilnahme freilich schon überschritten. Zwar konnten die deutschkatholischen
Gemeinden während der Revolution von 1848/49 noch einmal neue Mitglieder gewinnen
. Auch entstanden an einzelnen Orten, etwa in München und Wien, neue Gemeinden
. Viele deutschkatholische Männer und Frauen engagierten sich in den die
Revolution tragenden demokratischen Vereinen, und prominente Deutschkatholiken
spielten in den Revolutionsparlamenten eine wichtige Rolle. Die damit verbundene
Tendenz einer neuen Politisierung des Religiösen verstärkte aber auch interne Konflikte
, die sich schon in den Jahren vor der Revolution an der Frage nach dem Verhältnis
von freireligiöser Bewegung und politischer Opposition entzündet hatten.

Nach 1850/51 verlor die deutschkatholische Bewegung jedenfalls relativ schnell
an Bedeutung. Die neuen Reaktionsregierungen betrieben eine Politik der massiven
Repression der religiösen Dissidenten. Deutschkatholiken wurden aus dem Staatsdienst
entfernt, und ihre Gottesdienste wurden durch Polizei und Militär demonstrativ
aufgelöst. Amtshandlungen deutschkatholischer Geistlicher wurden nicht mehr
anerkannt. So galten die von ihnen geschlossenen Ehen nun als illegale Verbindungen
- mit der Folge der Bestrafung der Partner und der sog. „Zwangskonfirmation"
ihrer Kinder, die in Preußen auf Antrag der Staatsanwaltschaften durch Gerichtsbeschluß
in die evangelische Landeskirche eingegliedert wurden. Erst nachdem hier
1858 Prinz Wilhelm die Regentschaft übernommen hatte, wurde die Dissidentenverfolgung
gemildert. Zum Jahreswechsel 1858/59 gab es nach den Angaben Ferdinand
Kampes, des wichtigsten zeitgenössischen Historikers der Bewegung, in Deutschland
noch 90 deutschkatholische und 10 lichtfreundliche Gemeinden.47 Diese
deutschkatholischen Vereine schlössen sich 1859 mit den „Freien Gemeinden" der
„Lichtfreunde" zu einem „Bund freier religiöser Gemeinden" zusammen. Doch vermochten
sie eine ihrem religionspolitischen Gewicht in den Jahren vor der Revolution
entsprechende Bedeutung nicht mehr zu erlangen.

Weder staatliche Repression noch zunehmende Marginalisierung der Gemeinden
führten freilich dazu, daß die von den Deutschkatholiken formulierte Kritik der
Amtskirche verstummte. Zentrale Elemente ihrer Kirchenkritik-Ablehnung des Zölibats
, Ruf nach synodalen Partizipationsstrukturen, Durchsetzung von Gewissens-

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