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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 238
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freiheit in der Kirche, Polemik gegen den Ultramontanismus, Absage an eine einseitig
herrschaftslegitimatorische Auslegung des überkommenen Dogmas - prägten
auch die späteren liberalen Reformbewegungen im Katholizismus sowie die Separationsbewegung
der Altkatholiken. Auch die periodischen Modemismusstreitigkeiten
in der neueren römisch-katholischen Theologie lassen erkennen, daß die religiöstheologischen
Probleme, an denen der kirchenkritische Protest der Deutschkatholiken
sich (auch) entzündet hatte, mit dem Niedergang der Bewegung nicht obsolet geworden
waren. Die seit den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts zu beobachtende
Auflösung des „Milieukatholizismus" und die Pluralisierung der römisch-katholischen
Kirche zur „Sektorenkirche*648 belegen schließlich, daß Positionen individualisierter
Christlichkeit, die im Vormärz sowie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
häufig nur außerhalb der kirchlichen Institution und gegen die Hierarchie formuliert
werden konnten, heute stark in der römisch-katholischen Kirche selbst
präsent sind.

Heinrich Schreiber hat in den „Denkblätter(n) aus dem Tagebuche eines Hochschullehrers
", die er unter dem Eindruck der Revolution 1849 veröffentlicht hat, auch
seine Berufung auf den Lehrstuhl für Moraltheologie in der Theologischen Fakultät
der Freiburger Universität dargestellt. Schreiber berichtet davon, daß er sich in seinem
bisherigen Wirkungskreise sehr wohl gefühlt und sich nur „mit schwerem Herzen
" entschlossen habe, den Ruf in die Theologische Fakultät anzunehmen. „Um so
fester stand aber auch sein Entschluß, die Moral wirklich moralisch, nämlich als
Sache wissenschaftlicher Ueberzeugung und keines politischen Lavirens vorzutragen
; somit weder der eigenen Ehre und den Rechten des Universitätslehrers, noch
jenen der Facultät und Hochschule das Geringste zu vergeben."49 Wer Schreibers
Konversion zum Deutschkatholizismus begreifen will, muß diese eigentümliche Verbindung
von wissenschaftlichem Wahrheitsanspruch und moralischer Gesinnungstreue
sowie die Grundzüge seines moraltheologischen Programms verstehen.

Eine eigenständige moraltheologische Position entwickelt Schreiber erstmals in
der Vorlesung über „Das Princip der Moral in philosophischer, theologischer, christlicher
und kirchlicher Bedeutung", die er am 16. November 1826 bei Antritt seines
akademischen Lehramtes in der Theologischen Fakultät gehalten und - erheblich erweitert
und mit zahlreichen Anmerkungen versehen - im Jahr danach im „Verlag der
Herder'schen Kunst- und Buchhandlung" publiziert hat. Die Sequenz der vier „Bedeutungen
", in denen er das „Princip der Moral" darstellen will, drückt die Pointe
seines moraltheologischen Programms aus: Immer wieder betont Schreiber die Einheit
des Moralischen und kritisiert theologische Ethik-Entwürfe, für die eine prinzipielle
Differenz von philosophischer und theologischer, vernünftiger und geoffenbarter
, allgemein-menschlicher und christlicher Moral leitend ist. „Es kann ... nur
eine Moral geben ..."50 Aber diese „eine Moral" lasse sich auf vier verschiedenen
„Standpunkten" darstellen; philosophisch, theologisch, christlich und kirchlich. In
diesen vier Perspektiven will Schreiber eine „vierfache materielle Bedeutung des
Prinzips" erschließen, das er als „Menschenwürde" bestimmt. In späteren Publika-

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